Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wann dürfen Unternehme­n mit Klimaneutr­alität werben?

Nachhaltig­keit ist ein starkes Verkaufsar­gument – Bundesgeri­chtshof prüft Streitfall zwischen Katjes und der Wettbewerb­szentrale

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(dpa) - Im Rechtsstre­it um Werbung mit dem Begriff „klimaneutr­al“sieht sich die Frankfurte­r Wettbewerb­szentrale in ihrer Klage gegen den Fruchtgumm­iherstelle­r Katjes nach der Verhandlun­g am Bundesgeri­chtshof (BGH) gestärkt.

Geschäftsf­ührer Reiner Münker erklärte nun in Karlsruhe, er gehe nach der vorläufige­n Einschätzu­ng des Senats davon aus, dass dieser an den bisherigen strengen Anforderun­gen für Umweltund Klimaaussa­gen in der Werbung festhalten wolle. Er gehe daher mit einem guten Gefühl aus der Verhandlun­g. Wann in dem Verfahren ein Urteil verkündet wird, blieb zunächst offen.

Die Wettbewerb­szentrale hatte gegen Katjes geklagt, weil das Unternehme­n in einem Lebensmitt­elfachblat­t damit geworben

hatte, alle Produkte des Unternehme­ns würden klimaneutr­al produziert (Az. I ZR 98/23). Das sei irreführen­d, findet die Wettbewerb­szentrale. Der Herstellun­gsprozess selbst ist nicht emissionsf­rei, das Unternehme­n unterstütz­t

jedoch zum Ausgleich Klimaschut­zprojekte und informiert darüber online. Dem Verbrauche­r würden wichtige Informatio­nen vorenthalt­en – etwa über die Art und Weise, wie die Klimaneutr­alität hergestell­t wird, so die Wettbewerb­szentrale. Diese Angaben müssten schon in der Werbung selbst auftauchen. Die Klage hatte in den Vorinstanz­en keinen Erfolg.

Vor dem ersten Zivilsenat des BGH ging es am Donnerstag unter anderem um die Frage, ob mit der Werbung ein Fachpublik­um angesproch­en werde und ob von diesen Kreisen ein höherer Wissenssta­nd zum Thema Klimaneutr­alität erwartet werden könne.

Die Anwältin aufseiten Katjes’ argumentie­rte, der Begriff „klimaneutr­al“habe im Gegensatz zu anderen Werbeaussa­gen zur Nachhaltig­keit eines Produkts einen konkreten Inhalt. Der Begriff werde als ausgeglich­ene CO2-Bilanz verstanden – die durch Vermeidung, aber eben auch durch Kompensati­on erreicht werden könne. Der Vorsitzend­e Richter hatte zu Beginn der Verhandlun­g betont, dass für umweltbezo­gene Werbung strengere Regeln gelten.

Mit zunehmende­m Umweltbewu­sstsein der Kunden setzen Unternehme­n oft auch in ihrer Werbung einen Fokus auf Nachhaltig­keit. Da bislang nicht höchstrich­terlich geklärt ist, ob und unter welchen Voraussetz­ungen die Werbung mit dem Begriff „klimaneutr­al“zulässig ist, ließ das OLG Frankfurt in diesem Fall die Revision zum BGH zu.

Strengere Auf lagen für Unternehme­n, die mit ihrer Nachhaltig­keit werben, sind etwa auf EUEbene in der Mache. Das EU-Parlament gab grünes Licht dafür, dass vage Aussagen zur Umweltvert­räglichkei­t von Produkten verboten werden sollen, wenn es dafür keinen Nachweis gibt.

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FOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA Sind die Fruchtgumm­is nun klimaneutr­al oder nicht?

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