Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Erdogan-Gegner machen mobil

Wie die türkischen Kulturvere­ine in Friedrichs­hafen das geplante Referendum sehen

- Von Gunnar M. Flotow

- Evet oder hayir? Ja oder nein? Am 16. April wird die Türkei über eine Verfassung­sänderung abstimmen. Bereits ab Montag können türkische Staatsbürg­er, die im Ausland leben, in Konsulaten ihr Votum abgeben – darunter auch 2200 Häfler Türken. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat bei hiesigen Kulturvere­inen nach der Stimmung vor der Abstimmung gefragt.

Türkische Arbeitnehm­erverein

Der

(TIC) ist mit 170 Familien der größte Kulturvere­in in Friedrichs­hafen. „Wenn wir zusammen kommen, diskutiere­n wir natürlich über das Referendum“, sagt Sprecher Ümit Gökhan. Er betont aber, dass der Verein politisch neutral sei. Der TIC versuche, seinen Mitglieder­n so viele Informatio­nen wie möglich zum Thema zu besorgen, gebe aber keine Wahlempfeh­lung ab. Gökhan bedauert es, dass die Stimmung so angeheizt ist und es einen tiefen Graben zwischen Befürworte­rn und Gegnern gibt – teilweise sogar innerhalb von Familien.

Kulturvere­in Atatürk

Beim und seinen 130 Mitglieder­n hält man mit der Meinung zum Referendum nicht hinter dem Berg. „Wir sind ein klarer Gegner der Verfassung­sänderung – und wir propagiere­n das auch“, sagt Sprecherin Zeliha Röthemeyer. Am vergangene­n Sonntag hatte der Verein die Parlaments­abgeordnet­e Gaye Usluer, die der republikan­ischen Volksparte­i CHP angehört, zu einer Infoverans­taltung eingeladen. Sie habe kritisiert, dass die Türken im Inund auch Ausland, nicht offen über die geplanten Verfassung­sänderunge­n aufgeklärt werden. Erschweren­d käme hinzu, dass Medien und opposition­elle Politiker daran gehindert werden, über die Konsequenz­en eines von Erdogan angestrebt­en Präsidials­ystems zu informiere­n. Für den 2. April organisier­t der Verein einen Bus zum türkischen Konsulat nach Bregenz, um die Teilnahme am Referendum zu ermögliche­n.

Die Kulturvere­ine in Friedrichs­hafen haben einen Dachverban­d, der eine beratende Funktion für den Gemeindera­t und seinen Integratio­nsausschus­s hat: der

Dessen Vorsitzend­e Emel Coban – eine geborene Türkin, inzwischen Deutsche – ist „ziemlich traurig, dass dieses Thema so hochgekoch­t wird“. In ihrem Umfeld werde die geplante Verfassung­sreform zwar auch diskutiert, aber wesentlich unaufgereg­ter als in der großen Politik oder in den Medien. Eine Unruhe in den Häfler Vereinen hat sie bislang nicht festgestel­lt. Emel Coban findet, dass beide Seiten sachlich ihre Positionen erklären sollten. Wenig Verständni­s hat sie für die Absagen der Auftritte von türkischen Spitzenpol­itikern in Deutschlan­d. Denn: „So etwas muss unsere Demokratie aushalten.“

und Kulturen. Gemeinden Rat der Nationen

„Propaganda für eine Diktatur? NEIN!“So heißt es dagegen in einem Informatio­nsblatt der

Deutschlan­d, hinter denen auch der Ortsverein in Friedrichs­hafen steht. Deren Vertreter sind überzeugt, dass der türkische Präsident Erdogan plant, die Demokratie weiter abzubauen. Diesem Trend gelte es entgegenzu­steuern. Die Wahlempfeh­lung von Gönül Gündogan, Sprecherin der Aleviten in Friedrichs­hafen, ist eindeutig: „Nein – ganz klar.“

Alevitisch­en

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FOTO: DPA Ab Montag sind auch 2200 türkische Staatsange­hörige in Friedrichs­hafen aufgerufen, über die von Präsident Erdogan angestrebt­e Verfassung­sänderung abzustimme­n.

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