Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Legostein findet nach 20 Jahren zurück
Besitzer Julian Pawlowski hatte Spielzeug als kleiner Junge am Bahnhof versteckt
(sz) - Was ist eckig, hat acht Noppen und wiegt etwa zwei Gramm? Ein Legostein! Julian Pawlowski aus Friedrichshafen hat einen solchen als kleiner Junge in einem Geheimversteck am Hafenbahnhof von Friedrichshafen deponiert. Jetzt, gut 20 Jahre später, hat er das Spielzeug vor anrückenden Baumaschinen gerettet und wiedergefunden – die Geschichte einer rührenden Kindheitserinnerung.
Pawlowski ist heute 26 Jahre alt. 1990 kam der heutige Foto- und Medientechniker sowie SZ-Mitarbeiter auf die Welt und spielte wenig später mit dem Spielzeug, das damals wie heute Kinder begeistert: Lego.
Aufgewachsen am Buchhornplatz zählte der junge Häfler das Gebiet vom Ruderverein bis zum Graf-Zeppelin-Haus zu seinem „Revier“. „So gehörte natürlich auch der nahe gelegene Hafenbahnhof zu einem Ort, an dem wir Kinder gerne und oft umherschlichen“, schreibt er der SZ. „Mein bester Freund Patrick und ich wohnten nur ein Haus voneinander entfernt. Stundenlang konnten wir uns mit Fußball oder Frisbee-Scheiben bewaffnet in der Innenstadt aufhalten und kennen bis heute jeden Pflasterstein mit Vornamen“, erzählt er weiter.
Irgendwann haben sich die beiden Jungs geheime Verstecke in der Stadt gesucht. Das gehöre bei Jungs einfach dazu, so Pawlowski. Ob in alten Bäumen an der Uferstraße, am alten Güterbahnhof oder direkt am benachbarten Hafenbahnhof hinter den Gleisen, in einem Zwischenraum des Prellbocks von Gleis 3b, wo die gute alte BOBBahn immer ihre Fahrgäste einund aussteigen lässt – überall hatten Julian und Patrick geheime Depots angelegt.
„Um die Jahre 1997/98 fand auch ein kleiner roter Legostein, den ich mir ein paar Tage zuvor beim Spielen in die Hosentasche gesteckt hatte, seinen Platz in unserem tollen Geheimversteck“, berichtet der bis heute in Friedrichshafen lebende junge Mann: „Die Jahre vergingen, wir wurden älter und immer mehr gerieten unsere Verstecke in Vergessenheit.“Andere Interessen hatten bald den Platz von Kinderverstecken und geheimen Orten des damals acht Jahre alten Julian eingenommen und die Erinnerung fast verdrängt.
Doch in der vergangenen Woche holte die Vergangenheit den Häfler wieder ein: „Ich war gerade auf dem Weg zu meinem Parkplatz, bemerkte beim Blick nach oben, dass der komplette Schienenbereich des Hafenbahnhofs mit rot-weißen Absperrzäunen umrandet war“, geht die Geschichte weiter.
Pawlowski: „Ich lief weiter und sah mir das Ganze nochmals aus der Perspektive des Busbahnhofs an. Bagger, ein langer Güterzug und eine Handvoll orangener Arbeiter waren am Werk. Zuerst dachte ich mir nichts weiter, doch dann schoss mir der Gedanke in den Kopf, dass wir unser Versteck doch vor Jahren genau dort hatten.“Gut 20 Jahre nachdem er den Legostein in seinem Geheimversteck deponiert hatte, läuft Pawlowski erneut zum Prellbock an Gleis 3b – und wird schwer enttäuscht.
„Dann schoss mir der Gedanke in den Kopf, dass wir unser Versteck doch vor Jahren genau dort hatten.“Julian Pawlowski
Alles umsonst?
„Zu spät, schade. Alle Schienen waren bereits abmontiert und forttransportiert worden“, denkt er sich, doch dann sieht er: Die beiden Prellböcke von Gleis 3b und 4b wurden zwar beschädigt – aber sie sind immerhin noch da.
Mit Erlaubnis von ein paar Arbeitern vor Ort umgeht Pawlowski die Absperrung, nimmt eine kleine Metallplatte vom Prellbock– und als wäre die Zeit vor fast 20 Jahren einfach stehen geblieben, „liegt noch immer am selben Platz der kleine rote Legostein“, erzählt er begeistert der SZ.
Jetzt soll der alte, nur leicht verblasste Stein einen Ehrenplatz in Julian Pawlowskis Wohnung bekommen: „Der wird auf keinen Fall weggeworfen.“