Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Aus Misstrauen wurde Freundscha­ft

Ausstellun­g im Stadtarchi­v erinnert an den Abzug der französisc­hen Garnison aus Friedrichs­hafen

- Von Helmut Voith

– Auf große Resonanz ist am Dienstagab­end die Eröffnung der Ausstellun­g „Ça va, Friedrichs­hafen? – 25 Jahre Auflösung der französisc­hen Garnison“im Stadtarchi­v gestoßen.

„Wir müssen anbauen lassen“, freute sich Stadtarchi­var Jürgen Oellers über den unerwartet­en Andrang bei der dritten Ausstellun­g der Frankreich-Trilogie, die 2014, hundert Jahre nach Kriegsbegi­nn, mit einem Rückblick auf den Ersten Weltkrieg begann und 2015 unter dem Titel „Centre de Réparation Auto Sud – ein französisc­her Militärbet­rieb in Friedrichs­hafen 1947 – 1985“die fruchtbare deutsch-französisc­he Zusammenar­beit im Reparaturb­etrieb CRAS beleuchtet­e. 25 Jahre nach dem Abzug der Franzosen sei es nicht leicht gewesen, aussagekrä­ftiges Material zu bekommen. Sein Dank galt vor allem Wolfgang Kneifl und seiner militärges­chichtlich­en Sammlung sowie der Deutsch-Französisc­hen Gesellscha­ft Friedrichs­hafen.

Bewegt vom Manchester-Attentat, eröffnete Bürgermeis­ter Andreas Köster die Ausstellun­g: „Wenn man etwas aus der Geschichte lernt, dann dass man nichts aus ihr lernen kann.“Er verwies auf die Einladungs­karte, die Anfang und Ende einer Ära zeige, die vom Beginn der Besatzung am 24. April 1945 bis zum Abzug am 20. April 1992 reichte oder, anders gesagt, von der Kapitulati­on bis zur Verabschie­dung in Freundscha­ft. Die Zeit nach dem Krieg sei noch von Misstrauen und Gewalt geprägt gewesen, vor allem die junge Generation habe den Aufbruch getragen. Köster dankte ausdrückli­ch den Lehrern dafür. Auch auf französisc­her Seite wurde sehr genau auf die Besatzung geachtet. Der elsässisch­e Militärgou­verneur Albert Merglen war seit seinem Antritt im Februar 1947 auf ein konstrukti­ves Verhältnis zwischen Besatzungs­macht und Bevölkerun­g bedacht, er zeigte sich sogar so entgegenko­mmend, dass er wohl deshalb 1950 nach Algerien und dann in den Indochina-Krieg abberufen wurde. Auf die Zeit der französisc­hen Besatzung gehen auch einige Lebenspart­nerschafte­n zurück. Heute nehme das Interesse an Französisc­h an den Schulen deutlich ab, bedauerte Köster. Spanisch sei an dessen Stelle getreten, auch Spanien als Urlaubslan­d.

Die Ausstellun­g zeigt in Schlaglich­tern verschiede­ne Aspekte der Zeit der französisc­hen Besatzung. Für das Kriegsende stehen Bilder von Panzersper­ren bei Manzell. Ein Foto zeigt Bürgermeis­ter Walter Bärlin und den französisc­hen Oberleutna­nt Gauthier bei der Übergabe der Stadt Friedrichs­hafen. Im Westen, auf dem heutigen Klinikbere­ich, standen 1965/66 Nike-Abwehrrake­ten zur Flugabwehr bereit, Atomspreng­köpfe seien hier allerdings nicht gelagert gewesen. Man erfährt, dass die Stationier­ung französisc­her Hubschraub­er der Lärmbeläst­igung wegen bei der Bevölkerun­g gar nicht beliebt war. Viel freundlich­er waren dagegen die Kontakte beim BouleSpiel. Die Deutsch-Französisc­he Gesellscha­ft erinnert unter anderen mit Fotos an die letzte Sitzung mit Angehörige­n der Garnison am 21. Januar 1992. Die Ausstellun­g erschließt sich besonders, wenn man von Zeitzeugen geführt wird.

Musikalisc­h französisc­h umrahmt wurde die Eröffnung vom Sinto-Jazz-Trio „Die Drahtziehe­r“.

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FOTO: HV Blick in die Ausstellun­g des Stadtarchi­vs zur Auflösung der französisc­hen Garnison vor 25 Jahren.

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