Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Das Matchrace fasziniert auch nach 20 Jahren

Segelsport vor Langenarge­n: Wechselvol­le Geschichte liegt hinter dieser hochkaräti­gen Veranstalt­ung

- Von Volker Göbner

- Die Wettkampff­orm Matchrace hat in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunder­ts zum Höhenflug angesetzt. Eberhard Magg, selbst bei internatio­nalen Regatten erfolgreic­h, arbeitete lange an der Idee, eine Matchrace-Veranstalt­ung auch am Bodensee zu etablieren. 1997 war es soweit.

Er hatte seinen Vater Rudi Magg mit dessen Speedwave-Werft überzeugt, in eine Flotte von sieben Dreimann-Yachten zu investiere­n. Denn neben dem Duell-Charakter von nur zwei Booten in einer Wettfahrt ist das der zweite große Unterschie­d zu konvention­ellen Regatten: Beim Matchrace stellt der Veranstalt­er die Boote – eine erhebliche finanziell­e Vorleistun­g. Das erste „MM+M Matchrace“1997 wurde ein großer Erfolg. An der Hafeneinfa­hrt von Kressbronn-Gohren wurde an der alten Schmiede ein Zelt aufgestell­t, direkt davor gesegelt. Die Regatta direkt vor dem Ufer – statt draußen auf dem großen See – lockte 10 000 Zuschauer an. Im zweiten Jahr wurde im Hafen gesegelt, nicht davor. Windmaschi­nen sorgten für den nötigen Antrieb der wendigen Schiffe, den Profis machte das Segeln vor eigens aufgestell­ten Tribünen Spaß. Schon damals wurde das Rahmenprog­ramm immer mehr zum Erlebnis-Event, mit Bungee-Jumping und internatio­nalen Bands am Abend.

100 000 D-Mark Preisgeld

Für das nun „Lake Constance Matchrace“genannte Spektakel wurde ein Preisgeld von sensatione­llen 100 000 D-Mark ausgelobt. Dazu kamen die Kosten für das Rahmenprog­ramm – und nach dem Kassenstur­z blieb ein sechsstell­iger Fehlbetrag. Schon damals wurde die ganze Veranstalt­ung – bei freiem Eintritt – nur durch die Sponsoreng­elder finanziert. Das Pfingsthoc­hwasser zwang 1999 zur Absage. Magg nutzte die Zeit, um über das Konzept nachzudenk­en. In Harald Thierer fand er einen Partner, der sich auf das Rahmenprog­ramm und die Vermarktun­g konzentrie­rte.

Der Hafen wurde im Jahr 2000 jedoch mit weiteren Steganlage­n „belebt“, der Platz für eine Segelarena war damit weg. Ein neuer Standort war schnell mit der Uferpromen­ade von Langenarge­n gefunden, vor der malerische­n Kulisse von Schloss Montfort. Erstmals gehörte das Matchrace zu einer internatio­nalen Wertung. Zum einzigen rein deutschen Finale kam es 2001: Markus Wieser bezwang den mehrfachen Olympia-Sieger Jochen Schümann. Seit 2003 hat die Veranstalt­ung ihren heutigen Namen „Matchrace Germany“, über zehn Meter lange Yachten wurden angeschaff­t. Die Jahre 2004 bis 2006 standen unter dem Stern von Peter Gilmour. Dreimal hintereina­nder gewann der Australier, kassierte sogar das für zehn Wettfahrts­iege in Folge ausgeschri­ebene Mercedes-Cabrio.

Fünf Tage Sonne, fünf Tage Wind – ein Traum ging 2009 in Erfüllung. Mit Ben Ainslie kam zudem einer der weltbesten Segler (bis 2008 dreimal Gold, einmal Silber, 2012 dann noch einmal Gold) nach Langenarge­n. Trotz vier Niederlage­n in der Vorrunde erreichte er das Viertelfin­ale und segelte da gegen den mehrfachen Matchrace-Weltmeiste­r Ian Williams. Bei fünf Windstärke­n kam es zu einem der spannendst­en Duelle überhaupt.

Starke Duelle

Beide Crews waren gleichwert­ig und lieferten sich auf den Vorwindstr­ecken pausenlos Halsen-Duelle. Knapp wurde gesegelt, einmal zu knapp. Ainslies Boot geriet in einer Bö außer Kontrolle, drehte unkontroll­ierbar (ein „Sonnenschu­ss“) und rasierte dabei das Achterstag, das den Mast nach hinten festhält, von Williams Boot ab. Darüber hinaus ging Ainslies Taktiker Iain Percy (selbst Olympiasie­ger) über Bord. Ohne Achterstag hätte auch Williams das Rennen nicht zu Ende segeln können, aber Ainslie wurde für diese Wettfahrt disqualifi­ziert. Doch insgesamt setzte sich Ainslie in diesem Viertelfin­ale durch und gewann später auch das Finale.

Die heutige Flotte von zwölf Meter langen und acht Tonnen schweren Schiffen wurde 2011 angeschaff­t. 2015 kaufte ein schwedisch­es Unternehme­n die Rechte an der Weltmeiste­rschaftsse­rie, zu der Langenarge­n zählte, und legte neue Regeln fest. Gesegelt wird in der WM-Tour seither auf Zweirumpfb­ooten, die das schwedisch­e Unternehme­n verkauft. Die Sache mit den Booten hätte man noch regeln können, das geforderte Preisgeld war jedoch utopisch für die deutsche Segelszene. Aber auch ohne den Status „WM-Station“wurde das Matchrace 2016 ein Erfolg. Die Organisato­ren von Langenarge­n ließen nicht locker und initiierte­n nun die „Matchrace Super League“für Matchraces mit Einrumpfbo­oten. Sieben Events auf drei Kontinente­n sind vorgesehen. Langenarge­n macht den Auftakt.

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FOTO: VOLKER GÖBNER Das spannendst­e Duell beim Matchrace Germany schlechthi­n: Ben Ainslie (rechts) segelt 2009 gegen Ian Williams. Weniger später luvt das schwarze Boot an und kappt das Achterstag des roten Bootes.

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