Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wenn die Ikea-Idylle bröckelt
Höhere Gewalt (Arte,
Montag, 20.15 Uhr) – Mit Dokumentationen und preisgekrönten Filmen feiert Arte zurzeit den 25. Geburtstag. Eine dieser Pro- duktionen ist das Drama „Höhere Gewalt“des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund. Es geht um eine Familie im Skiurlaub, deren Idyll von einer Lawine zerstört wird. Zu sehen sind immense Gondelanlagen, Förderbänder, stählerne Rohre, die Lawinen auslösen, dazu hölzerne Hotelboxen in den Alpen mit Riesenspiegeln und Ledersofas: Eine Ikea-Kunstwelt lässt grüßen, auch im Skiurlaub von Ebba und Tomas, die mit ihren beiden kleinen Kindern fünf Tage im französischen Luxushotel gebucht haben. Das Paar versteht sich, die Kinder sind ausgelassen, bis eine künstliche, eigentlich harmlose Lawine das Fundament der Ehe erschüttert. Grund: Im Moment der Todesangst reagieren die beiden unterschiedlich. Ebba wirft sich schützend über die Kinder, Tomas rennt weg.
Östlund, der früher Skifilme gedreht hat und hier demonstriert, dass er davon etwas versteht, zeigt, was ein kurzer Moment des Ausnahmezustands mit einem Paar, seinen Kindern und auch mit anderen Personen macht. Edda zweifelt an der Zusammengehörigkeit, Tomas an sich selbst. Ein Meisterwerk voller Andeutungen, bei dem wir zusehen, wie sich in künstlichen Paradiesen auch die letzten Regungen von so etwas wie Naturzustand verlieren.