Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wohn- und Kulturprojekt „Blaue Blume“plant Umzug mit Kulturfestival
Noch ist keine Baugenehmigung vorhanden – Studenten wissen noch nicht, was der Umzug kosten wird – Programm steht
- Der Gemeinderat hatte im Februar entschieden, dass das Wohn- und Kulturprojekt „Blaue Blume“mit seinen Wagen vor das Heizhaus ziehen soll. Der Umzug ist jetzt geplant, er soll von einem Kulturfestival mit Vorträgen und Konzerten Anfang August begleitet werden. Noch aber liegt keine Baugenehmigung vor, die für den Umzug nötig ist, sagten die Studenten bei einem Pressegespräch am Montag.
Und was an finanzieller Belastung durch Verwaltungskosten auf die Studenten zukommt, steht ebenfalls noch in den Sternen. Wohnen in umgebauten Bauwagen, Kulturveranstaltungen in einem ehemaligen Bücherei-Bus und ein offenes Glashaus als Bühne – das sind die markanten Äußerlichkeiten dieses Projektes, das sich als studentisches Wohn- und Kulturprojekt seit 2012 zu einem Verein entwickelt hat, in dem viele Friedrichshafener Bürger Mitglied sind.
Antworten auf die offenen Fragen nach Kosten und Vertragsabschluss gab es am Montag aufgrund der Kürze der Zeit und der Gemeinderatssitzung vonseiten der Stadt keine mehr. Die Studenten der Blauen Blume haben „von der Stadt zwar gehört“, dass alle Pläne vorläufig seien, da die Verträge noch nicht unterschrieben seien. Auf der anderen Seite habe die Stadtverwaltung mit ihren zuständigen Dezernaten „sehr gut mit uns zusammengearbeitet und uns unterstützt“, sagt Ferdinand Nehm, Sprecher der „Blauen Blume“. Monatelang wurden Pläne geschmiedet, wie die Wasserversorgung auszusehen hat, was alles auf dem Platz vor dem Heizhaus, dem künftigen Standplatz der Wohn- und Veranstaltungswagen der „Blauen Blume“, aufgebaut oder passieren darf und was zu vermeiden ist.
Im Programm des Kulturfestivals wirken unter anderem Hartmut Semmler, Stadtarchiv, und Markus Müller, Vorsitzender der Architektenkammer Baden-Württemberg, mit. Dazu sind weitere Referenten gebucht, die über alternative Stadtplanung, Quartiersentwicklung und künstlerische Projekte sprechen, die dem der „Blauen Blume“ähneln.
Es wird Workshops geben, der Fallenbrunnen wird historisch erschlossen und soll mit Hilfe Hartmut Semmlers seine Geheimnisse preisgeben. Ein Musikprogramm umrahmt die Woche vom 6. bis 11. August, in der der eigentliche Umzug von der illegal bezogenen Wiese an der Windhager Straße in den Fallenbrunnen vor das Heizhaus stattfinden soll. Am Wochenende 12. und 13. August soll dann am neuen Standort ein weiteres Kulturfestival starten.
Es trägt den Titel „Scheißegal, illegal, legal“– in Erinnerung der Sprüche aus der Hausbesetzerszene, die diesen Spruch exakt umgekehrt nutzte, beschreiben die drei Begriffe die Entwicklung der „Blauen Blume“und dienen als Titel des Umzugsfestivals. „Scheißegal“– 2013 ignorierte die „Blaue Blume“das Umfeld, auf dem das Wohn- und Kulturprojekt streckenweise belächelt wurde, und zog auf eine private Obstwiese in Manzell. Von dort ging es zu „illegal“an die Windhager Straße, wo die Wagen zwar vom Pächter geduldet, nicht aber erlaubt auf einer Streuobstwiese bis heute stehen.
Jetzt wird es legal
Der jetzt anstehende Umzug soll den Zustand „legal“herstellen, ist auf der anderen Seite auch der Beginn einer neuen Phase. Jetzt werden Vereinbarungen getroffen und als Kulturverein hat die „Blaue Blume“auch die Aufgabe, ein Programm anzubieten.
Trotzdem herrscht Ungewissheit. „Wir wissen nicht, was auf uns zukommt“, sagt Louisa Deinhart und spricht damit nicht nur den Umstand an, dass noch keinerlei Angaben zu Verwaltungs- und Anschlusskosten auf dem Tisch liegen. „In einer Woche findet das Umzugsfestival statt. Was passiert, wenn bis dahin keine Baugenehmigung vorliegt, wissen wir nicht“, sagt Jacob Wirth. Die Studenten haben mit verschiedenen Architekten im Vorfeld zusammengearbeitet und die haben streckenweise ihre Dienste als Spende zur Verfügung gestellt.
Von den Büros sind auch teilweise gutachterliche Arbeiten übernommen worden, die für die Baugenehmigung nötig waren und nun nicht mehr als Kosten zu Buche schlagen dürften.
Geld hat die „Blaue Blume“bereits gesammelt. Das aber ist zweckgebunden für Kulturprojekte, weil die Sponsoren, wie die Anstiftung, die Wüstenrot-Stiftung oder die Lena-Weiß-Stiftung (Meckatzer) das Projekt unterstützen und nicht die Kosten der Stadt finanzieren wollen.
„Was aber auf jeden Fall noch gebraucht wird, sind Pflanzkübel und Kisten für Hochbeete und eine Randbepflanzung des neuen Platzes“, sagt Jacob Wirth. Die Kübel sind nötig, weil die „Blaue Blume“2021 weiterziehen und die Wiese dann in den ursprünglichen Zustand versetzt werden soll. Daher werden die Pflanzen nicht in die Erde gesetzt. Helfer in der Umzugswoche sind ebenfalls stets gerne gesehen.