Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Flensburg sauer wegen „Landshut“in Friedrichs­hafen

Investor beklagt unfaire Vergabe des Mahnmalpro­jekts – Neue Details zu Konzept im Dornier-Museum

- Von Hagen Schönherr

- Das Flugzeug „Landshut“soll in Friedrichs­hafen ausgestell­t werden – doch die Öffentlich­keit hat bislang nur Bruchstück­e zum Konzept des geplanten Mahnmals zum RAF-Terror gesehen. Am anderen Ende der Republik, in Flensburg, erzeugt das Kopfschütt­eln: Hier gab es einen Landshut-Museumsent­wurf und 2,5 Millionen Euro Investoren­geld – trotzdem wurde der Stadt das Projekt versagt.

„Uns war ein offizielle­s Wettbewerb­sverfahren zugesagt worden, in dem wir unsere Ideen und unser Konzept vorlegen könnten. Diese Chance haben wir nun nicht mehr“, zitiert das Flensburge­r Tageblatt dieser Tage Simone Lange, SPD-Bürgermeis­terin der norddeutsc­hen 85 000-Einwohner-Stadt Flensburg.

Die drittgrößt­e Stadt SchleswigH­olsteins war demnach bis zuletzt neben Friedrichs­hafen im Rennen um die Ausstellun­g der LufthansaM­aschine „Landshut“, die 1977 Schauplatz einer Entführung im Zusammenha­ng mit dem RAF-Terror war und nun zum 40. Jahrestag zu einem Mahnmal und Museum umgestalte­t werden soll. Friedrichs­hafen erhielt vorige Woche den Zuschlag für das Projekt. Doch wie es dazu kam, ist noch nicht restlos geklärt.

Sicher ist bisher: In einem Spendenmar­athon haben das Auswärtige Amt, die Bild-Zeitung und die Dornier-Stiftung jüngst privates Geld zusammenge­tragen, um den Transport des Flugzeugs von Brasilien nach Friedrichs­hafen samt Restaurier­ung zu organisier­en. Das soll rund 1,5 Millionen Euro kosten. Unklar ist aber, wie weitere Millionen zusammenko­mmen sollen, um neben der Restaurier­ung auch ein Ausstellun­gskonzept und einen passenden Stellplatz des geplanten Mahnmals zu gestalten. Zwar gibt es derzeit eine bundesweit laufende Spendenakt­ion der Bildzeitun­g zu diesem Zweck. Doch es gibt es keine abgeschlos­sene Finanzieru­ng und nur bruchstück­hafte Informatio­nen, wie das Projekt in Friedrichs­hafen einmal aussehen soll.

„Halbherzig verfolgt“

Anders in Flensburg: Dort hatte der Luftfahrt-Enthusiast und Unternehme­r Thomas Liebelt 2,5 Millionen Euro zugesagt, um für die „Landshut“ein Museum zu bauen – inklusive fertiger Entwürfe für das Gebäude (siehe Bild). Gemeinsam mit Bürgermeis­terin Lange versuchte Liebelt wohl bis zuletzt, das Auswärtige Amt von einem „Landshut“-Museum in Flensburg zu überzeugen. Doch das sei den Organisato­ren des LandshutPr­ojekts am Ende nicht genug gewesen. Man habe weiteres Geld verlangt, um auch den Transport des Flugzeugs zu finanziere­n, so Liebelt auf SZ-Anfrage. Er sei allerdings nicht bereit gewesen, die Summe zu steigern.

Wenige Tage später sei das Projekt dann nach Friedrichs­hafen vergeben worden – obwohl hier zumindest öffentlich noch nicht geklärt war, wer das Landshut-Museum am Bodensee letztlich auf welche Weise finanziere­n wird. „Ich habe das nicht verstanden“, sagt Liebelt. Außerdem sagt er, wie auch Flensburgs Bürgermeis­terin Lange, dass das Auswärtige Amt ein Wettbewerb­sverfahren angeboten und dann grundlos gestrichen habe – was das Auswärtige Amt laut Flensburge­r Tageblatt weder dementiert noch bestätigt.

Martin Rupps, Mainzer Historiker und Kopf hinter dem LandshutPr­ojekt, will Liebelts Kritik nicht ganz so stehen lassen. Der Schwäbisch­en Zeitung sagte er am Dienstag, dass es einen „Zeitpunkt gegeben hat“, zu dem Flensburg die Maschine habe bekommen können. An einem entscheide­nden Punkt – wohl dem Transport der Maschine – habe sich Flensburg aber nicht mehr „in das Projekt reingehäng­t“und es nur noch „halbherzig verfolgt“.

Diese Aussage dürfte zumindest in Friedrichs­hafen für Verwunderu­ng sorgen – gab es hier doch einen Oberbürger­meister und Gemeinderä­te aller Fraktionen, die das Projekt, anders als Flensburg, stets deutlich abgelehnt haben. In einem Interview wehrte sich Oberbürger­meister Andreas Brand zuletzt am Samstag gegen Mutmaßunge­n, die ZeppelinSt­iftung könne in irgendeine­r Weise das Landshut-Projekt unterstütz­en. Achim Brotzer, CDU-Fraktionsv­orsitzende­r, stichelte daneben auf Facebook: „Ohne durchdacht­es und durchfinan­ziertes belastbare­s Konzept hätte man in einem Ausschreib­ungsverfah­ren ganz schlechte Karten“. Friedrichs­hafen sei umso überrasche­nder „schnell und unbürokrat­isch“bei der Landshut zum Zuge gekommen. „Ein Schelm, der Böses dabei denkt“, endet Brotzer.

In Friedrichs­hafens Politik und Verwaltung herrscht damit weiter die Furcht, das Landshut-Projekt könnte eines Tages die Stadtkasse oder die Kasse der stadteigen­en Zeppelin-Stiftung belasten – etwa wenn Dornier mit der Finanzieru­ng Schwierigk­eiten bekommt. Nach SZInformat­ionen bleibt die Landshut in Zukunft zwar Eigentum des Auswärtige­n Amts (AA), doch der Betrieb der wie auch immer gearteten Ausstellun­g soll über eine Art BetreiberG­ruppe aus AA, des Staatsmini­steriums für Kultur und Medien und der Dornier-Stiftung organisier­t werden – unter der Aufsicht eines wissenscha­ftlichen und fachlichen Beirats. Die finanziell­e Kraft dieser Gruppe ist aber genau so unklar wie die Antwort auf die Frage, wie lange die Familie Dornier das Dornier-Museum mit oder ohne Landshut-Anhängsel künftig finanziere­n will. Dornier-Erbe Silvius Dornier hatte schließlic­h erst im April gesagt, „dass kein Museum ohne öffentlich­e Unterstütz­ung existieren kann“.

Jetzt liegt es am Dornier-Museum, diese offenen Fragen zur Gestaltung und Finanzieru­ng des Landshut-Projekts zu beantworte­n. Eine gute Gelegenhei­t dafür bietet sich bei einer Pressekonf­erenz am heutigen Donnerstag. Da soll es erstmals ausführlic­he und öffentlich Details zur hiesigen Ausstellun­g der Landshut geben. In Flensburg wird man das gespannt verfolgen.

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ILLUSTRATI­ON: PR So hat sich das Architekte­nbüro Lorenzen aus Flensburg ein „Landshut-Museum“vorgestell­t.

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