Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der Turmbau zu Rottweil
Bei einer Baustellentour geht es vor allem um technische Details
die geologischen Begebenheiten der Schwäbischen Alb und den Bauherrn Thyssen Krupp Elevator.
Der Industriekonzern baut den Turm, um darin Aufzüge zu testen. Eine Neuheit, die hier ausprobiert werden soll, ist die Magnetschwebetechnik, die sowohl horizontal als auch vertikal funktioniert. „18 Meter pro Sekunde geht es damit hoch, das sind zwei Fensterreihen“, erklärt Maier und zeigt den Abstand am Turm. Insgesamt sind darin zwölf Aufzugsschächte, einer nur für die Feuerwehr, ein Lastenaufzug, der Panoramaaufzug für die Besucher – bleiben neun für die Tests. Außerdem gibt es für den Notfall ein Treppenhaus, mit mehr als 1600 Stufen. Die muss zum Glück heute niemand hoch, alle bleiben am Boden.
Die Haut des Turms
Die Tour führt am Bauzaun entlang, zu einem der vier Vermessungspunkte und weiter bis zur Besucherebene, wo Liegestühle mit Turmmotiv unter der Woche dazu einladen, die Arbeiten zu beobachten. Dort ragt auch ein Stahlskelett aus dem Boden, an dem Maier die Bauweise erklärt. Daneben ist ein großes Stück Stoff zum Befühlen aufgespannt, die sogenannte Testturm-Membran. Mit diesem Hightech-Gewebe aus Glasfaser wird das Gebäude anschließend schraubenförmig umhüllt. „Das ist wie bei uns Leuten auch. Mit einem Kittel sieht man eben besser aus“, sagt der Baustellenführer mit einem Schmunzeln im Gesicht.
Der Stoffmantel soll vor Sonne und Wind schützen, dient aber auch der Optik, denn ganz unumstritten war das Bauvorhaben am Anfang nicht. Der Geschichts- und Altertumsverein zum Beispiel war dagegen, weil der neue Turm die Silhouette Rottweils kaputt mache. Selbst der leicht schräge Münsterturm, mit seinen 71 Metern bislang Spitzenreiter, wird vom Aufzugtestturm um mehr als zwei Längen geschlagen. Tatsächlich sieht man den ThyssenTurm von fast überall in der Stadt. Trotzdem steht die Mehrheit der Rottweiler hinter dem Bau, selbst von einem neuen Wahrzeichen ist manchmal die Rede.
Offenbar ist eben nicht nur Maier fasziniert. Auch das Publikum der Führung ist sehr interessiert und stellt immer wieder technische Detailfragen, zur richtigen Betontemperatur ebenso wie zur genauen Stahlmenge. Der Baustellenführer gibt fundiert Auskunft. Schließlich ist er vom Fach, war als Vermessungsingenieur vor dem Ruhestand jahrelang auf einem Bauamt tätig. Deshalb klingt es aus seinem Mund auch überhaupt nicht despektierlich, wenn er abschließend feststellt: „Da waren wirklich lauter Spezialisten am Werk.“Und noch einmal gleiten alle Blicke den 244 Meter hohen Turm hinauf.