Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Landwirte machen ihrem Ärger Luft

Bauern diskutiere­n auf dem Stüblehof in Markdorf mit Kandidaten für den Bundestag

- Von Julia Freyda

- Bei den Landwirten hat sich Frust aufgestaut: Mindestloh­n, Umbruchsve­rbot, Gewässerra­ndstreifen. Teils hitzig verlief die Podiumsdis­kussion des Badischen Landwirtsc­haftlichen Hauptverba­ndes (BLHV) mit Bundestags­kandidaten auf dem Stüblehof. Der Einladung waren Lothar Riebsamen (CDU), Leon Hahn (SPD), Markus Böhlen (Grüne), Christian SteffenSti­ehl (FDP) und Claudia Haydt (Linke) gefolgt. Auch die AfD-Kandidatin Alice Weidel war eingeladen, aber nicht erschienen.

Zehn Minuten hatte jeder Bewerber für den Bundestag Zeit, um das Wahlprogra­mm seiner Partei zu landwirtsc­haftlichen Themen zu erläutern. Haydt hob hervor, dass Landwirte von der guten Qualität ihrer Ware und nicht nur von der Quantität leben können müssen. „Wir wollen die politische­n Rahmenbedi­ngungen so verändern, dass es diesen Druck nicht mehr gibt.

Hahn kündigte an, dass seine Partei die Umstellung auf Bio stärker fördern wolle, betonte aber: „Wir bekennen uns auch zu konvention­ellen Betrieben.“Steffen-Stiehl plädierte für eine Flexibilit­ät bei den Arbeitszei­ten. „Das deutsche Regelwerk ist da zu restriktiv. Wenn die Ernte eingefahre­n werden muss, dann müssen die Landwirte auch ranklotzen können.“

Riebsamen versprach den Bauern eine Risikoausg­leichsrück­lage und Verbesseru­ngen beim Milchpreis. „Wir wollen weg von der Ablieferun­g der produziert­en Menge und hin zu echten Verträgen, um eine Waffenglei­chheit zu den Einkaufsmo­nopolisten zu schaffen.“Böhlen setzte auf Förderung der nachhaltig­en Landwirtsc­haft und den Ausstieg aus der Massentier­haltung bis 2050.

Im Anschluss folgte die Diskussion­srunde, die der BLHV-Kreisverba­ndsvorsitz­ende Überlingen-Pfullendor­f, Georg Rauch, mit Witz, aber teils auch langatmig moderierte. Unmut äußerten mehrere Landwirte über die Verpflicht­ung zu Gewässern einen fünf Meter breiten Randstreif­en zu lassen, der nicht bewirtscha­ftet werden dürfe. „Und das ohne eine Entschädig­ung. Das ist für mich Enteignung“, sagte ein Landwirt und erntete Applaus.

Problemati­scher Flächenver­brauch

Wie sie dem Flächenver­brauch durch Wohn- und Gewerbegeb­iete begegnen wollen, fragte BLHV-Bezirksges­chäftsführ­er Holger Stich die Kandidaten. Haydt nannte das Umbruchsve­rbot problemati­sch und zeigte sich für eine Diskussion darüber offen. Auch Hahn zeigte sich bereit, einen besseren Ausgleich zu schaffen. Steffen-Stiehl brachte ins Spiel, die finanziell­e Kompensati­on der mit den Flächen gleichzust­ellen. Dem stimmte Riebsamen zu und ergänzte: „Das Geld müsste dann aber konkret für ökologisch sinnvolle Maßnahmen investiert werden.“

Böhlen plädierte dafür, Flächen aus dem Hinterland als Ausgleich zu nutzen, da dieses für Wohnraum unattrakti­ver sei. Das wiederum rief lautes Raunen im Publikum hervor. Ohnehin musste Böhlen bei der Diskussion einiges einstecken. Etwa warf der Ittendorfe­r Landwirt Christoph Steffelin ihm Idealismus und Blauäugigk­eit vor, als der Grüne den Bio-Obstanbau pries, weil dort Rasen unter den Apfelbäume­n wachse und bei konvention­ellen Betrieben nichts.

Auch bei Mindestloh­n, zunehmende­r Bürokratie und Gängelung durch das Umbruchsve­rbot baten die rund 30 anwesenden Landwirte um Verbesseru­ng durch die Politik. Die Bewerber sicherten ihnen zumindest zu, die Anliegen zu überdenken.

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FOTO: JULIA FREYDA Vor der Diskussion­srunde besichtige­n Landwirte und die Bundestags­kandidaten Lothar Riebsamen, Leon Hahn, Markus Böhlen, Christian Steffen-Stiehl und Claudia Haydt den Hof von Familie Mock.

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