Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Lehrer wünschen sich bessere Fortbildungen
Angebote passen nicht und haben zu geringen Nutzen, lautet das Ergebnis einer Befragung
- Die Lehrer in BadenWürttemberg sind unzufrieden mit den Fortbildungsmöglichkeiten. Das ist das Ergebnis einer freiwilligen Onlinebefragung des Kultusministeriums, an der sich gut 13 000 Lehrer und damit rund elf Prozent der Pädagogen im Südwesten beteiligt haben. Viele Erkenntnisse sind nicht überraschend. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) kündigte zur Veröffentlichung am Donnerstag an: „Wir arbeiten nun mit Hochdruck an der konkreten Umsetzung von Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung.“
Spätestens seit den Vergleichsstudien im vergangenen Jahr ist klar: Baden-Württemberg hat ein schulisches Qualitätsproblem. Als einen Grund dafür nannten Experten die mangelhaften Fortbildungen für Lehrer. „Die ist in Deutschland unterentwickelt“, hatte etwa die Heidelberger Bildungswissenschaftlerin Anne Sliwka bei einer Anhörung der grün-schwarzen Regierungsfraktionen gesagt.
Das Urteil der Lehrer fällt zum Teil verheerend aus. Fast zwei Drittel der Studienteilnehmer erklärten, die Angebote passten nicht zu ihren Bedürfnissen. Knapp die Hälfte der Teilnehmer wünschten sich fachliche Fortbildungen für Fächer, die sie nicht studiert haben. Die aus badenwürttembergischer Sicht sehr schlechten Ergebnisse der jüngsten Studie des Berliner Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) sind auch auf den fachfremden Unterricht zurückzuführen, hatte die Institutsleiterin Petra Stanat erklärt. „Da haben wir Defizite“, hatte Eisenmann bestätigt. Der Anteil fachfremden Unterrichts liege im Land bei 23 Prozent, im deutlich leistungsstärkeren Schleswig-Holstein hingegen bei null Prozent.
Was drei Viertel der Lehrer laut Onlineumfrage gestärkt sehen wollen, ist der konkrete Nutzen einer Fortbildung. Dieser Aspekt sei noch zu wenig berücksichtigt. „Fortbildungen dürfen nicht für die Galerie stattfinden“, sagte dazu der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, „sondern müssen sich an den Bedürfnissen der Lehrkräfte und an der Umsetzbarkeit im Unterricht orientieren.“
Kritisch sehen die Lehrer zudem, wie Fortbildungen bislang angeboten werden. Häufig fahren Lehrer zu einer Fortbildung und sollen anschließend das Gelernte an ihrer Schule verbreiten – das gilt aber als problematisch und ist bei den Lehrern ebenso unbeliebt wie Fortbildungen allein am Computer. „Man erwartet, dass die Lehrer den Input weitertragen“, sagt Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „So funktioniert das aber nicht.“So erklärten auch 80 Prozent der Teilnehmer, dass sie sich Fortbildungen in ihrer Schule oder zumindest in der Nähe wünschten – am liebsten im Kollegium oder im Team. „Am besten wäre es, wenn man die schulnahen und schulinternen Fortbildungen in die Hände der Staatlichen Schulämter gibt“, schlägt VBEChef Brand vor.
Fehlende Differenzierung
An der Veröffentlichung des Kultusministeriums kritisiert die GEWVorsitzende Moritz generell, dass nur bestimmte Fragen beleuchtet wurden. Und: „Was mir absolut fehlt, ist die Differenzierung nach Schularten“, sagte sie der „Schwäbischen Zeitung“. „Die haben schließlich ganz unterschiedliche Ausgangsbedingungen.“So sei der fachfremde Unterricht etwa ein massives Problem für Lehrer an Grund-, Hauptund Werkrealschulen, hingegen nicht so sehr an Realschulen und noch weniger an Gymnasien. Auch der Lehrerwunsch nach mehr Angeboten zum Umgang mit Heterogenität und mit Konflikten im Klassenzimmer sei je nach Schulart sehr verschieden. Geärgert habe sie auch, dass sie keine Informationen zu den Ergebnissen bekommen habe, so Moritz – und das, obwohl sie als Personalvertretung am Entstehen des Fragebogens beteiligt war.