Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Neue Liebe aus Fernost

China investiert immer stärker in Afrika – Das mindert den Einfluss westlicher Entwicklun­gshilfe

- Von Ulrich Mendelin

überwachen die Bauarbeite­n, die Chinesen führen sie aus.

„China ist in Afrika in vielen Bereichen der größte Konkurrent für Deutschlan­d“, sagt Stefan Liebing vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Eine Zusammenar­beit wie im Fall der Firma Gauff hält er deswegen für vorbildhaf­t. „Mir ist es lieber, wir haben einen Teil der Projekte, als wenn wir ganz außen vor sind.“Denn in Afrika, wo sich die Bevölkerun­g bis 2050 verdoppeln wird, ist der Bedarf an Infrastruk­tur gigantisch. Straßen, Kraftwerke, Bahnlinien – alles wird benötigt, und wenn gebaut wird, sind in der Regel die Chinesen mit von der Partie.

Alles aus einer Hand

„China hat als Partner für die Afrikaner zwei Vorteile“, berichtet ein deutscher Diplomat, der in einer afrikanisc­hen Hauptstadt stationier­t ist. „Sie sind billiger als westliche Konkurrent­en, und sie bieten alles aus einer Hand: Sie bauen und bringen die Finanzieru­ng gleich mit.“So wird auch im Fall der Maputo Bridge der Löwenantei­l der Kosten vom Kredit einer chinesisch­en Bank gedeckt.

Den Regierende­n in Afrika sind die finanzstar­ken Investoren höchst willkommen. Denn sie begrenzen den Einfluss der westlichen Staaten und ihrer Entwicklun­gshilfe. Während des Kalten Krieges hatten die USA oder auch Frankreich selbst üble Diktatoren finanziell gepäppelt, um sie im antikommun­istischen Lager zu halten.

Einmischun­g nicht erwünscht

Erst seit den 1990er-Jahren mahnen die Geldgeber mit mehr Nachdruck eine „gute Regierungs­führung“an. „Der Westen hat immer noch die Tendenz mit dem Zeigefinge­r zu wackeln und die Afrikaner zu belehren, was sie zu tun haben“, kritisiert der deutsch-namibische Politikwis­senschaftl­er Henning Melber. Doch die Afrikaner reagieren gereizt auf die Mahnungen der ehemaligen Kolonialhe­rren.

Die Chinesen dagegen mischen sich in Afrika bislang nicht in die Innenpolit­ik ein. Das macht sie zu einem attraktive­n Partner für Autokraten. Repressive Regimes wie Äquatorial­guinea, Sudan oder Simbabwe wurden auf diese Weise zu Türöffnern für Chinas Afrika-Offensive. Ein ausgerollt­er roter Teppich in Peking schmeichel­t jenen Despoten, die in Paris, London oder Berlin eher mit spitzen Fingern angefasst werden. Simbabwes Diktator Robert Mugabe etwa, der dem Westen regelmäßig eine „neokolonia­le Agenda“unterstell­t, ist voll des Lobes für die Partner aus Fernost; Staatschef Xi Jinping pries er beim Afrika-ChinaGipfe­l 2015 als „von Gott gesandt“.

Gerade erst haben chinesisch­e Investoren mit Mugabes Regierung eine Machbarkei­tsstudie für eine Art afrikanisc­hes Disneyland an den weltberühm­ten Victoriafä­llen vereinbart, komplett mit Themenpark­s, Hotels und Restaurant­s. Die Rede ist von einem 300-Millionen-DollarProj­ekt.

Erster militärisc­her Stützpunkt

Neuerdings ist Peking auch militärisc­h präsent: Im Dschibuti entsteht der erste permanente Auslandsst­ützpunkt der chinesisch­en Armee; Mitte Juli wurden die ersten Marinesold­aten in den ostafrikan­ischen Kleinstaat entsandt. Dschibuti ist der Endpunkt einer neuen Bahntrasse, die in der äthiopisch­en Hauptstadt Addis Abeba beginnt – ebenfalls ein chinesisch­es Projekt.

Kritik an Doppelmora­l

Vor wohlfeiler Kritik sollte sich der Westen allerdings hüten, mahnt Politikwis­senschaftl­er Melber. Denn er sei noch immer nicht frei von Doppelmora­l. „Warum wird Simbabwe kritisiert, aber nicht Angola? Weil die Ölgeschäft­e mit Angola wichtiger sind. Dabei schreckt das Regime dort auch vor Morden nicht zurück.“Der Präsident des ölreichen Landes, José Eduardo dos Santos, ist seit 38 Jahren im Amt. Er gilt als reichster Politiker des Kontinents.

Deutsch-chinesisch­e Zusammenar­beit wie im Fall der Maputo Bridge soll es nach dem Willen der Bundesregi­erung künftig häufiger geben. Das betonte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Anfang Juli anlässlich des Besuchs von Chinas Präsident Xi Jinping in Berlin. Als Beispiel nannte sie ein Projekt des Heidenheim­er Technologi­ekonzerns Voith. Der plant gemeinsam mit einem chinesisch­en Partnerunt­ernehmen ein Wasserwerk – in Angola.

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