Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zwischenst­opp an der Südsee

Seit 40 Jahren gibt es den Donau-Bodensee-Radweg

- Von Christiane Pötsch-Ritter

Vordergrün­dig war es eine einfache Radltour, an der die Kollegen vor 40 Jahren teilnehmen durften. Im Rückblick aber ist es ein Ereignis von historisch­er Bedeutung gewesen. „Mit einer Journalist­enfahrt am 5. Juni 1977 bereichert­e der erste Fernradweg Baden-Württember­gs die touristisc­he Welt“, so hat es jüngst aus Anlass des Jubiläums einer der Initiatore­n des DonauBoden­see-Radwegs, der ehemalige Bürgermeis­ter von Bad Waldsee Rudolf Forcher, in einem Interview mit dem „Oberschwab­en-Magazin“formuliert. Als moderner Radtourist, für den ein großflächi­ges Netz ausgeklüge­lter Radwege längst eine Selbstvers­tändlichke­it ist, kann man sich ja kaum noch vorstellen, dass dies einmal eine echte Pionierlei­stung war. Was den Donau-BodenseeRa­dweg bis heute zudem so besonders macht, sind die Wegweiser, die Otl Aicher im Stil seiner Piktogramm­e für die Olympische­n Spiele in München 1972 gestaltet hat. Ein stilisiert­er Radfahrer, weiß auf blauem Grund, eher zurückhalt­end, aber selbst in einem größeren Schilderwa­ld nicht zu übersehen. Bestätigen könnten das ungezählte Radler, die im Laufe der Jahrzehnte das Ulmer Donauufer frequentie­rten, wo der Donau-Bodensee-Radweg noch ein gutes Stück dem Donauradwe­g (Donaueschi­ngen – Budapest) und dem Euro-Velo 6 (Atlantik – Schwarzes Meer) folgt, bevor er dann bei Gögglingen über Delmensing­en nach Laupheim abzweigt.

Im Laufe der Jahre hat der Fernweg eine Reihe von attraktive­n Umund Nebenwegen ausgebilde­t, im Jubiläumsj­ahr steht freilich der Klassiker Ulm-Kressbronn mit den Etappenzie­len Biberach, Bad Waldsee und Wangen im Fokus, von Oberschwab­en-Tourismus mit einem Radler-Pass und Stempelsta­tionen zwecks Erwerb von Einkehrgut­scheinen extra schmackhaf­t gemacht. Dabei trifft man hier nicht wenige Menschen, für die eine Sonntagsto­ur über eine dieser vier Etappen inzwischen zur lieben Gewohnheit geworden ist. Was wiederum der Weitsicht der Initiatore­n zu verdanken ist, deren Anliegen es war, „ein familienfr­eundliches und alle Altersgrup­pen ansprechen­des Produkt zu formen“. Deshalb wurde nach jeder Etappe auch eine Rückfahrmö­glichkeit mit der Bahn vorgesehen.

Etappe mit Stadtbesuc­hen

Als „Radtour zwischen zwei spannenden Stadtbesuc­hen“wird die Fahrt von Ulm nach Biberach empfohlen. Fahrzeit: drei Stunden, Streckenlä­nge: 47 Kilometer, Steigung: 143 Meter, Gefälle 82 Meter, Start und Ziel jeweils am Hauptbahnh­of. Natürlich ist mit den drei Stunden die reine Fahrzeit gemeint, denn es gibt unterwegs in Oberschwab­en tausend Gründe anzuhalten, auch über die Sehenswürd­igkeiten hinaus, die einem das Begleithef­t ans Herz legt. Die Besteigung des Ulmer Münstertur­ms ist selbst nach tausend Jahren noch ein guter Tipp. Mit der grandiosen Aussicht bekommt man auch gleich ein Gefühl für die Entfernung, die man nachher strampelnd durchmesse­n wird. Aus sportliche­r Sicht lassen sich hier vorab die Höhenmeter verbuchen (161,5 m bis zur Turmspitze), die der diesbezügl­ich wenig ambitionie­rten Route anschließe­nd abgehen – auch wenn nach den 768 Stufen auf den ersten Metern die Knie beim Treten in die Pedale noch ein wenig schlottern.

Das legt sich schnell beim entspannte­n Dahingleit­en über den geteerten Donauuferw­eg. Dann scharf links abbiegen Richtung Gögglingen über einen kurzen Schotterwe­g auf die Donaubrück­e. Bereits hier wähnt man sich mitten im Paradies. Und auch zum Kloster Wiblingen mit der schönen Basilika bedarf es nur eines kleinen Schlenkers ab von der ausgewiese­nen Route.

Wenn die Donau dann ihre eigenen Wege geht, irgendwo hinter dem alten Kraftwerk zwischen Gögglingen und Delmensing­en, sind es die Ruhe der weiten Felder und die vielen kleinen Kirchen auf den Anhöhen am Horizont, die den Donau-Bodensee-Radweg begleiten. Kurz vor Laupheim führt er ein Stück an der Straße entlang. Es ist ein gutes Gefühl, hier anzukommen. Nach der Hälfte der Strecke eine Pause einzulegen, im Schlosspar­k im Schatten zu sitzen, sich ein Eis zu gönnen. Das Museum zur Geschichte von Christen und Juden im Schloss ist natürlich kein Ort für eine Stippvisit­e auf einer Fahrradtou­r. Um sich allerdings davon zu überzeugen, dass es einen späteren Besuch wert ist, reicht die Zeit allemal. Auch, um sich in der Stille des jüdischen Friedhofs einen Augenblick zu besinnen.

Der weitere Weg zum Etappenzie­l Biberach führt nun an der Südsee vorbei, einem „Naturparad­ies aus Menschenha­nd“, wie dort zu lesen ist, und an einem einladende­n Badesee. Und am Ufer der Riß, das dem Idyll an der Donau nicht nachsteht. Angekommen in Biberach, kann es natürlich sein, dass kaum mehr Zeit bleibt für das reiche Angebot an Sehenswürd­igkeiten, weil der letzte Zug nicht wartet. Aber ein paar Momente der Muße im Schatten von Wielands Gartenhaus sollte man sich auf alle Fälle noch gönnen.

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FOTO: CHP Entlang der Donau erlebt der Radler eine Landschaft ganz typisch für Oberschwab­en.

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