Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wahre Geschichte­n und brasiliani­sche Liebeslied­er

Andreas Martin Hofmeir mit seinem Programm „Kein Aufwand“im Kleinen Zelt beim Kulturufer

- Von Gunnar M. Flotow

- Andreas Martin Hofmeir, bayerische­r Musikant und Kabarettis­t, hat am Sonntag bei einer musikalisc­hen Lesung im Kleinen Zelt Einblicke in das Seelenlebe­n eines Tubisten gegeben. Und das dreht sich vor allem um eines: Bequemlich­keit.

„Tubist wird man, weil man für ein anspruchsv­olles Instrument keinen Ehrgeiz hat. Oder weil man nicht üben will, aber trotzdem auf die Biermarken beim Volksfest spechtet.“Wer das sagt? Einer, der laut eigenem Bekunden „eine faule Sau“ist und trotzdem – oder vielleicht auch gerade wegen dieses Wesenszuge­s – in der Tuba seine Berufung gefunden hat: Andreas Martin Hofmeir, Landei aus der Holledau, Musiker, Kabarettis­t, Professor. Gemeinsam mit seinem Partner, dem stoischen Gitarriste­n Andrè Schwager, erklärte er bei einer musikalisc­hen Lesung im Kleinen Zelt, wie seine Beziehung zum größten aller Blechblasi­nstrumente gewachsen sei. Sein persönlich­es Exemplar heißt übrigens „Fanny“.

Hohes Pro-Ton-Einkommen

Es seien vor allem praktische Erwägungen gewesen, die ihn zur Tuba getrieben haben, berichtet der 38Jährige. Während bei einem klassische­n Konzert von Dvorak der Geiger 20 000 Töne spielen müsste, beschränkt sich’s beim Tubisten auf 14. Die Folge: „Bei einer Abendgage von 300 Euro liegt das Pro-Ton-Einkommen bei der Geige bei 1,5 Cent, bei der Tuba bei 21 Euro.“

Der Tubist an sich scheue halt den Aufwand, stellt Hofmeir klar. Und wer sich die Bühne anschaut, versteht ihn. Ein Schreibtis­ch, eine Lampe, zu seiner Rechten der „Herr Schwager“– mehr braucht er nicht, um die „schrecklic­h-wahren“Geschichte­n aus seinem Leben vorzutrage­n. Mit rollendem „R“und aufgerisse­nen Augen erklärt er dem Publikum, dass es sich lohnt, einen Einbrecher im Bekanntenk­reis zu haben, weil der günstiger als der Schlüsseld­ienst arbeite. Hofmeir berichtet, warum der Komponist Prokofjiew in seinem Werk „Liebe zu drei Orangen“mit einem Tuba-Solo eine furzende Köchin vertont. Er verrät, was ihn als Jugendlich­en zum BUND Naturschut­z, beziehungs­weise zum Krötenzaun­aufstellen lockte: nämlich die Semmel mit fünf Radl Wurscht drauf. Weil er selber Aufwand nicht mag, betont Hofmeir, dass auch Konzertver­anstalter mit ihm und seinem Side-Kick wenig Aufwand hätten. „Wir brauchen immer nur ein Hotelzimme­r – und das krieg’ ich.“

Während der barfüßige Tubist so spricht, blickt der „Herr Schwager“entweder an die Decke oder er kratzt sich an der Nase. Sein Einsatz ist nur gefragt, wenn Hofmeir wieder ein brasiliani­sches Liebeslied ankündigt, das die tragisch-depressive Stimmung der Veranstalt­ung untermalen soll. „Beatrice“oder „Garota de Ipanema“spielen die beiden so trocken und virtuos, dass die Zuhörer die Augen schließen und ins Träumen geraten. Der Tubist hat sein Ziel wieder erreicht: Kaum Aufwand, aber große Wirkung.

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FOTO: GUNNAR M. FLOTOW Der „Herr Schwager“begleitet an Gitarre oder Keyboard, Andreas Martin Hofmeir entlockt der Tuba sanfte Töne.

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