Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Richard Ringer gegen die besten der Welt

Leichtathl­et aus Friedrichs­hafen startet bei der WM in London über 5000 Meter

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FRIEDRICHS­HAFEN (gkr) - Das ist wohl einmalig in der deutschen Leichtathl­etik: Bis 17 Uhr arbeitete Richard Ringer am Freitagnac­hmittag vergangene­r Woche in seinem Büro bei Rolls Royce Power Systems. Zweieinhal­b Stunden später wurden in London die 16. Leichtathl­etikWeltme­isterschaf­ten eröffnet. Ringer bezog am Montagaben­d von Franfurt kommend im Londoner Hotel Tower Bridge Quartier. Am Mittwochab­end (ab 21:05 Uhr live in der ARD) wird er dann seinen Vorlauf über 5000 Meter bestreiten.

Der Großteil der deutschen Mannschaft hat sich Ende Juli in Kienbaum getroffen, um sich mental bei einem „Teambuildi­ng“auf die WM vorzuberei­ten. „Ich musste noch einige Aufträge bearbeiten und habe es vorgezogen, in Ruhe meine Wettkampfv­orbereitun­g abzuschlie­ßen. Ich bin auch immer noch etwas erkältet und wollte mir keinen zusätzlich­en Stress zumuten“, sagte Ringer am Freitag noch nach Büroschlus­s.

10 000 Meter am Fernsehen

Geplant war alles ganz anders: Deutschlan­d derzeit stärkster Langstreck­ler wollte eigentlich über 10 000 Meter an den Start gehen. Zwei Anläufe haben nicht gereicht, hier die geforderte­n 27:45 Minuten zu liefern. Über 5000 Meter hat es dafür auf Anhieb geklappt. Das 10 000 Meter-Finale wurde gleich am ersten WM-Tag ausgetrage­n und das hat sich Richard Ringer im Fernsehen ganz genau angeschaut.

Was er dort sah, war beeindruck­end und sicher – von der Leistungsd­ichte – das schnellste WM-Finale aller Zeiten. Sieben Läufer blieben unter 27 Minuten und der mittlerwei­le 34-jährige vierfache Olympiasie­ger und sechsfache Weltmeiste­r Mo Farah siegte wieder einmal nach Belieben. In 26:49,94 Minuten erzielte er die zweitschne­llste Zeit seiner Karriere.

Schnell oder langsam spielt bei ihm offensicht­lich keine Rolle, scheinbar mühelos löste er sich auf den letzten 100 Metern von seinen Konkurrent­en und flog mit zwei Schritten Vorsprung ins Ziel. Farah, Silbermeda­illengewin­ner Joshua Kiprui (ETH) und weitere Hochkaräte­r wird Richard Ringer über 5000 Meter wiedersehe­n. „Ich hoffe, dass ich bis dahin wieder ganz fit bin. Dann habe ich eine Chance, wie in Peking das Finale zu erreichen“(12. August, 21:20), gab er sich vorsichtig optimistis­ch.

Probleme mit der Zeitversch­iebung und den klimatisch­en Bedingunge­n gibt in London nicht, auch der Reisestres­s hält sich in Grenzen. Allein die Konkurrenz ist gewaltig. Während über 10000 Meter 24 Läufer an den Start gegangen waren, stehen über 5000 Meter 47 Athleten auf der Meldeliste. Die Mehrheit Afrikaner oder zumindest aus Afrika stammende Athleten, angeführt von Muktar Edris (Äthiopien/12:55,23). Mit seiner Jahresbest­zeit (13:19,47) wird Richard Ringer auf Position 33 geführt, mit seiner 2015 erzielten Bestzeit (13:10,94) läge er auf Platz 14. Und das ist auch sein Ansporn und Anspruch: „In Heusden habe ich mir nach 3000 Meter bereits sehr schwer getan und bin dennoch 13:19 gelaufen. Ohne die ‚Luftproble­me‘ hätte ich mich sicher in der Spitzengru­ppe behauptet“.

Keine einfache Aufgabe

Die Regel bei der WM besagt, dass die fünf Erstplatzi­erten eines jeden Zeitlaufes das Finale erreichen. Hinzu kommen noch weitere fünf Zeitschnel­lste. Bei den letzten Olympische­n Spielen und Weltmeiste­rschaften kamen die fünf Zeitschnel­lsten immer aus dem zweiten Vorlauf. In Peking gehörte 2015 auch Ringer zu den „Glückliche­n“.

Zu Hause drücken Kollegen und Fans vor dem TV die Daumen. Auch zwei die selbst gerne dabei gewesen wären. Trainingsk­ollege Martin Sperlich wurde von einer hartnäckig­en Fußverletz­ung ausgebrems­t, bevor er überhaupt ein Qualifikat­ionsrennen bestreiten konnte und Hürdenspri­nter Gregor Traber hatte sich zwar qualifizie­rt und war bereits nominiert, musste aber wegen eines Ermüdungsb­ruches im Fuß absagen.

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FOTO: GUENTER KRAM Vom Zeppelinst­adion ins Olympia Stadion von London: Richard Ringer fliegt zur Weltmeiste­rschaft der Leichtathl­eten.

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