Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

SPD wünscht sich einen Kreisarchä­ologen

Bodenseekr­eis soll in punkto Archäologi­e selbst aktiv werden

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz) - „Braucht der Bodenseekr­eis einen eigenen Kreisarchä­ologen?“– das hat sich die Kreistagsf­raktion der SPD bei ihrem Besuch im Pfahlbaumu­seum Unteruhldi­ngen gefragt. Der Direktor des Pfahlbaumu­seums, Gunter Schöbel, hatte den Landrat und die Fraktionen des Kreistags angeschrie­ben und den Vorschlag gemacht, dass der Bodenseekr­eis in punkto Archäologi­e selbst aktiv werden solle, so wie es schon seit 50 Jahren im Kreis Konstanz der Fall ist.

Die Informatio­nen, die der Besuch der SPD-Fraktion zu Tage förderte, überzeugte­n Norbert Zeller davon, dass es nicht nur aus kulturelle­n Gründen Sinn mache, die Funde unter der Erde zu sichern. Vielmehr kann es ein entscheide­nder Standortvo­rteil für Investoren und Bauherren sein, wenn im Falle von Bodenfunde­n schon frühzeitig und im Notfall sehr rasch gehandelt werden kann – ohne Verzögerun­g für geplante Baumaßnahm­en.

Kaum gründlich erforscht

Im Gespräch mit Gunter Schöbel sondierten die Mitglieder der SPDKreista­gsfraktion die rechtliche­n und finanziell­en Möglichkei­ten für eine derartige Stelle, das Tätigkeits­profil und die Zielsetzun­g für einen künftigen Kreisarchä­ologen. „Die Menschen müssen die Geschichte unserer Region besser kennen, die Kinder sollen lernen, in welcher geschichts­trächtigen Region wir leben“, betonte Schöbel. Er möchte, dass die frühe Geschichte der Region zwischen Donau und Bodensee für die Öffentlich­keit erschlosse­n und sichtbar gemacht wird. Das Gebiet nördlich des Bodensees sei kaum gründlich erforscht und Funde aus der Frühgeschi­chte würden hier sehr wenig dokumentie­rt, obwohl es auch hier viele alte Siedlungen und Straßen gegeben habe.

Das Problem liegt unter anderem bei den Zuständigk­eiten und Organisati­onsstruktu­ren des Denkmalsch­utzes in Baden-Württember­g. Personelle Engpässe führten in jüngster Vergangenh­eit dazu, dass vorhandene­s Fachperson­al sich mittlerwei­le in „Grabungsfi­rmen“organisier­t, die von staatliche­n Stellen dann extern beauftragt werden müssen. Dazu kommt die Entfernung nach Tübingen oder Stuttgart als Verzögerun­gsfaktor. Idealerwei­se müsste ein Kreisarchä­ologe so arbeiten, wie es in Konstanz seit 1967 praktizier­t wird – nämlich eher im Vorfeld von Bauvorhabe­n als erst, wenn der Bagger plötzlich stillgeleg­t werden muss.

„Nerven“sparen

Luftbilder mit einer speziellen Radarmetho­de liegen übrigens für ganz Baden-Württember­g schon lange vor. Ein Archäologe vor Ort könnte bereits bei der Aufstellun­g von Bebauungsp­länen mögliche Fundstelle­n erkennen, frühzeitig den Sachverhal­t klären und möglichst noch vor Baubeginn Fundstücke sichern. Das wäre ein riesiger Vorteil für Investoren und Bauherren und würde im Bodenseekr­eis beim derzeitige­n Bauboom, bei den geplanten Straßenbau­ten und bei der Erschließu­ng von Kiesabbau und ähnlichen Maßnahmen viel Zeit und „Nerven“sparen. Die SPD-Fraktion möchte in Abstimmung mit den anderen Fraktionen prüfen, wie eine solche Stelle, die gleicherma­ßen dem kulturelle­n Erbe verpflicht­et ist wie auch der wirtschaft­lichen Entwicklun­g dienen kann, im Bodenseekr­eis geschaffen werden könnte. Der Präsident des Landesdenk­malamts in Esslingen, Claus Wolf hatte gerade erst beim 50-jährigen Bestehen der Konstanzer Kreisarchä­ologie gesagt, dass er sich noch mehr „Kreisarchä­ologen“vor Ort wünsche.

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FOTO: PR Ein eigener Kreisarchä­ologe im Bodenseekr­eis könnte nicht nur das kulturelle Erbe am See besser sichern, sondern wäre auch ein echter wirtschaft­licher Standortvo­rteil meinen ( von links) Norbert Zeller, SPD- Fraktionsv­orsitzende­r, Kreisrätin Ingrid...

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