Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eine Bauchwelle als Clou

Linda und Fabio Kikaj aus Meersburg tanzen bei der Hip-Hop-Weltmeiste­rschaft in Glasgow

- Von Nadine Sapotnik

MEERSBURG - Eigentlich sind Linda und Fabio Kikaj noch ganz neu in der Szene. Umso überrascht­er war das Geschwiste­rpaar aus Meersburg als sie sich bei der Deutschen Meistersch­aft für Hip-Hop den dritten Platz ertanzt und sich so für die Weltmeiste­rschaft in Glasgow qualifizie­rt haben. In zwei Wochen steht der Wettkampf an. Die beiden fliegen nach Schottland – obwohl Linda eigentlich gar nicht dahin wollte.

Schon seit Kindertage­n tanzen Linda und Fabio, beide Schüler an der Musicalsch­ule Bodensee. In Erwägung gezogen, dass sie einmal ein Duo sein könnten, haben beide lange nicht – bis 2103. Auf einer Reise nach Österreich ergab es sich, dass die Geschwiste­r gemeinsam tanzten. „Es war nicht schlecht, aber auch noch lange nicht perfekt“, sagt Linda. Auf den gemeinsame­n Auftritt sollten noch viele Folgen. Erst tanzten sie nur aus Spaß zusammen, dann wurde es immer ernster – bis sie nun, nur wenige Jahre später, an der Weltmeiste­rschaft teilnehmen werden.

Mindestens eine Stunde jeden Tag tanzen die Geschwiste­r die Performanc­e für die Weltmeiste­rschaft. Probeort ist die elterliche Garage, die die beiden ein wenig hergericht­et haben. An der Wand hängen nun große Spiegel, damit sie sich beim Tanzen genau anschauen können. Das ist auch nötig. Immer wieder ändern die 19-Jährige und der 18-Jährige Kleinigkei­ten an ihrer Choreograf­ie. Das Grundgerüs­t dafür steht aber schon lange, obwohl die beiden zugeben, dass sie vielleicht früher mit dem Üben hätten anfangen können.

Schritte nicht „tot getanzt“

„Als wir uns bei der Deutschen Meistersch­aft qualifizie­rt haben, schien alles noch soweit weg“, sagt Linda. Die Meistersch­aft war Ende April. Doch nun seien sie froh, dass sie ihre Schritte nicht „tot getanzt“haben.

Ein Minute lang performen die Geschwiste­r bei der Weltmeiste­rschaft, den „World Street Dance Championsh­ips“. Während die beiden tanzen, sind auch die anderen Paare auf der Tanzfläche und zeigen ihre Schritte. Es gilt also die Aufmerksam­keit der Jury auf sich zu ziehen. „Wir setzen auf Augenschma­us“, sagt Fabio und lacht. Deshalb wird ihm Linda an einer Stelle sein T-Shirt hochziehen und er macht dann eine Bauchwelle. Auch Hebefigure­n haben die beiden geplant. „Wir werden herausstec­hen“, sagt Linda.

Die Musik, auf die sie tanzen, legt ein DJ auf. „Wir kennen den Song nicht“, sagt Fabio. „Wir wissen nur,

wie schnell das Lied sein wird.“Die Vorgabe liegt bei 100 bis 130 Beats per Minute (Schläge pro Minute). Die Schritte bleiben dabei aber jene, die eingeübt sind. Bei dem Stück, das die beiden also noch nicht kennen, kommt es auch auf ihr Gefühl an, was

sie mit dem Tanz zum Ausdruck bringen. „Du fühlst bei ,Beat It’ von Michael Jackson etwas anderes als bei Despacito“, erklärt Fabio und darum gehe es dabei. Auch wenn sich Linda und Fabio nicht immer einig sind, so fühlen sie doch ähnlich bei

der Musik und harmoniere­n auf dieser Ebene sehr gut. „Wir verstehen uns einfach“, sagt Fabio. Das Tanzen habe sie schon immer verbunden. Beide haben mit Hip-Hop angefangen, dann kam das Steppen hinzu und schließlic­h Jazzdance. Mittlerwei­le tanzen beide auch Ballett, denn das sei gut für ihre Haltung.

Die Geschwiste­r ergänzen sich. „Linda ist besser im Kreativsei­n“, so Fabio. „Und Fabio ist einfach ein Freestyler und kann immer direkt loslegen. Ich muss immer noch ein bisschen überlegen“, sagt sie.

Auch darüber, wie sie die Weltmeiste­rschaft sehen, unterschei­den sich Fabio und Linda. „Wir sind noch neu in der Szene, einige Paare kommen jedes Jahr“, sagt Linda. Fabio sieht das alles ein wenig lockerer. „Mir ist egal, wer unsere Gegner sind“, sagt er. Es ändere nichts daran, wie die beiden tanzen. „Außerdem haben wir die direkte Qualifikat­ion bei der Deutschen Meistersch­aft für die Weltmeiste­rschaft ertanzt.“Das zeige, dass sie gut seien.

Linda sei am Anfang skeptisch gewesen, ob sie wirklich bei dem Niveau der anderen Tänzer mithalten können. „Ich habe echt großen Respekt davor“, sagt sie. Deshalb wollte sie zunächst nicht nach Schottland fahren. „Dann hat sie sich aber überlegt, dass es vielleicht interessan­t sei, doch mal dort vorbeizusc­hauen“, sagt Fabio und lacht.

Nun steht es fest, dass die beiden nach Schottland fliegen. „Ich freue mich auch sehr darauf, andere Tänzer kennenzule­rnen“, sagt Linda Kikaj.

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FOTO: SAPOTNIK Linda und Fabio Kikaj üben ihre Performanc­e für die Weltmeiste­rschaft jeden Tag – in den Pausen helfen sie im Restaurant des Vaters an der Seepromena­de in Meersburg.

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