Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Das Lied von Eis und Feuer ertönt auch in der ZU
Jan Söffner widmet sich mit einer populärwissenschaftlichen Aufarbeitung der TV-Serie und ihrer Romanvorlage
FRIEDRICHSHAFEN - Als am Montag, 17. Juli, die Ausstrahlung der siebten Staffel im deutschen Bezahlfernsehen begann, war das Warten auf den Fortgang der Serie „Game of Thrones“zumindest bei einem Teil des Publikums vorbei. Der Friedrichshafener Literaturwissenschaftler der Zeppelin-Universität, Jan Söffner, hat sich mit der Serie und der Romanvorlage von George R. R. Martin „A Song of Ice and Fire“beschäftigt. Er betrachtet das Werk Martins aus wissenschaftlicher Sicht, beschreibt es aber eher populärwissenschaftlich, also so, dass es auch die Zuschauer und Leser von Martins Arbeit verstehen.
Jan Söffner schreibt aus einem Hobby heraus, jedoch nach ernsthaftiger und sehr wohl wissenschaftlich fundierter Beschäftigung mit dem Thema. Dass ihm gerade das von Feuilleton einer großen Tageszeitung vorgeworfen wird, hat vielleicht auch damit zu tun, dass Söffner in seinem Buch gerade die FeuilletonKommentatoren angreift. Er schreibt über einen Kollegen dieses Faches, dass seine Kommentare „überdeutlich die Inkompatibilität von zwei Kulturen zeige – derjenigen der Intellektuellen und derjenigen der Fantasy-Liebhaber.“Besagter Zeitungsredakteur „verspürt offenbar notorisch die Notwendigkeit, sich mit dem Taktgefühl eines indiskreten Details über das Leben des Verstorbenen ausplaudernden Grabredners über das Bedürfnis nach Diskretion hinwegzusetzen, auf das die MartinFans angewiesen sind“, schreibt Jan Söffner in dem Buch.
Spezielle Anhängerschaft
Inhaltlich ist die Kritik an Söffners Buch belanglos. Er stellt gleich in der Einleitung fest, dass es zwei Welten gebe, die der Intellektuellen, die die Fantastik lesen und die der anderen, die sich mit Fantasy beschäftigen. Söffner Grundgedanke: Georg R.R. Martins Romanzyklus ist zwar Fantasy, aber „erwachsen gewordene“, also gleichsam ernsthaft zu beachten, wie die Wissenschaft das bei der Fantastik tut. Über Tolkien, Poe, Marquez und andere namhafte Autoren der Fantastischen Literatur gibt es zahlreiche Arbeiten, die sich wissenschaftlich mit Werk, Sprache oder Person befassen. Die Fantasy findet ihre Anhänger eher „bei den Systemadministratoren, die am Wochenende mit Schwertern ihren Rollenspielen nachgehen“. Gemeint sind die Menschen, die virtuell oder leibhaftig Rollenspiele als Freizeitgestaltung betrachten und eine gewisse Parallellwelt im Spiel neben die real existierende stellen. Grundsätzlich stellt sich die Frage an das Buch und seinen Autor: Gibt es tatsächlich diese beiden sich abgrenzenden Welten der Intellektuellen und der Fantasy-Fans oder sind das nicht viel mehr längst vermischte Gruppen? Ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit Mozart, Bach und Beethoven nicht längst von der Forschung über Hendrix, die Beatles und das Peer-Group-Verhalten in Woodstock eingeholt worden?
Jan Söffner lässt sich weder wissenschaftlich herab und befasst sich mit Fantasy, noch holt er die Arbeit von Martin aus der Fantasy, der Ecke der Trivialliteratur, hervor und lädt sie in die Hallen der Fantastik ein. Er stellt nur fest, dass hier ein Autor ein Werk geschaffen hat, das in der Fantastik als der Form der ernsthaften Literatur nicht angekommen ist, das aber weit mehr kann, als man das von dem ein oder anderen Fantasy-Werk erwarten würde. Söffners Buch ist ein klein wenig eine Liebeserklärung an „Game of Thrones“, die er mit den Werkzeugen der Wissenschaft zu dichten beginnt. Das Werk mag nicht vollendet sein, der Vorwurf der exakten wissenschaftlichen Arbeit mit belastbarem Quellenmaterial und
ANZEIGE empirischen Untersuchungen jedoch läuft ins Leere. Söffners Anspruch mit dem Buch ist ein ganz anderer. Er widmet es dem Versuch, sich der Kultur eines George Martins zu öffnen. Er geht ihr auf den Grund und analysiert, ohne dass die Leser gleich Adorno, Heidegger oder Foucault gelesen haben müssten. Es ist – wenn man die Serie und die Bücher kennt – ein Genuss, sich mit den Thesen des ZU-Professors auseinanderzusetzen.
Er selbst wird seine Arbeit am 13. Oktober, um 19.30 Uhr in der Buchhandlung Gessler 1862 vorstellen.