Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Gipsy-Jazz mit vollem Körpereinsatz
Geiger Sandro Roy nach dem Konzert im Schloss Montfort: „Eigentlich hätte ich große Lust gehabt, in der Pause in den See zu springen“
LANGENARGEN - Im ausverkauften Saal und mit einem Gewitter im Hintergrund haben die Besucher des Langenargener Schlosskonzertes am Freitag ein besonderes Jazz-Highlight erlebt. Begeisternde Virtuosität, Gipsy-Jazz zum Mitwippen und immer wieder erfrischende Improvisationen.
Das Jermaine Landsberger-Trio und der Geiger Sandro Roy boten eine faszinierende Verbindung von Gipsy-Tradition mit Modern-Jazz und Fusion-Elementen, eben Modern-Gipsy-Jazz auf hohem Niveau. Der als „Shooting-Star“begrüßte Roy zeigte auf seiner Geige seinem Ruf entsprechend atemberaubende Tempi und Läufe. Der gleichermaßen in Klassik und Jazz gefragte Virtuose ließ die Saiten im Anstrich mal wie Trompeten klingen, mal typisch swingend oder im Dialog mit dem Piano improvisierend schluchzen – ohne je schmalzig zu wirken. Das riss das Publikum immer wieder zu Zwischenapplaus hin.
Den gab es auch reichlich für Jermaine Landsberger, zeigte er doch am wohlklingenden Steinway Flügel, dass er auch ohne seine HammondB3-Orgel, beachtlich an den Tasten klangzaubern kann. Ein perlender Lauf jagte den anderen – besondere Tempi und schnelles Umschalten in den Harmonien sind für den international bekannten Jazzpianisten aus einer Sinti-Familie bezeichnend. Stets im Dialog - auch in den Soloübergängen oder ganz bewusst, oft mit Geiger Roy, improvisierend, schnell und faszinierend gespielt. Dass sie im Trio auch eine herzerfrischende Größe sind, zeigt sich, wenn der Geigenstar mal aussetzt, wie beim ersten Stück „Ware“nach der Pause. Und wie gewohnt, bei besonderen Stellen reißt es Landsberger immer mal wieder von der Klavierbank hoch, dann spielt er rinr Weile halb im Stehen. Im Pausengespräch sagt der Gipsy-Jazz-Pianist, der schon vor einigen Monaten mit Trompetenlegende Randy Brecker in Langenargen gastierte: „Das merke ich gar nicht, wenn ich da aufstehe – da überwiegt die Begeisterung für die Musik.“In der Tat begeistern die vier auf der Bühne von Anfang an mit Swing („Il Swing), Bebob, und GipsyJazz, mit Kompositionen von Landsberger oder Roy – und Zitaten durch die Jazz-Welt. So kommen sie mit „Made in France“über Zitate von Django Reinhardt und den Hot Club de France, um schließlich mit Landsbergers „Samba Five“in Brasilien anzukommen.
Fantastische Location
Solide, nur ab und zu bei Läufen und Improvisationen sein Können zeigend, spielt am Bass routiniert Andreas Kurz. Matthias Gmelin, Weggefährte von Landsberger seit rund 20 Jahren, sorgt mit Jazzbesen und Sticks am Schlagwerk für den passenden Basis-Rhythmus. Dabei gerne auch immer wieder in besonderer Zwiesprache mit dem Piano. Gespielt werden ältere und neuere Stücke wie „Limehause Blues“von Roy, oder auch von der bald erscheinenden CD „Souvenir à Paris“.
Bezeichnend für die Symbiose von Gipsy und Modern-Jazz, fällt dann nach anhaltendem Applaus die Zugabe aus: „Cool Blue“von Landsberger. Sandro Roy resümierte nach der Show im Gespräch mit der SZ: „Tolle Atmosphäre – phantastische Location“. Woher der besonders kraftvolle Klang seiner Violine kommt, hat er im Gespräch auch verraten: Sie sei eine neue Sonderanfertigung einer Geigenbaumeisterin aus dem Salzburger Land, verriet der Geiger.
Die enorme Hitze im Saal, die den Musikern öfter den Einsatz von Schweißtüchern abverlangte, kommentierte Roy indessen gelassen humorvoll: „Eigentlich hätte ich große Lust gehabt, in der Pause in den See zu springen – aber das war leider nicht möglich.“