Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bewährungsstrafe für Schläger
Gericht verurteilt zwei Häfler wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung
FRIEDRICHSHAFEN (sle) - Wegen Nötigung und gefährlicher Körperverletzung sind zwei Männer aus Friedrichshafen zu sechs Monaten beziehungsweise einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem müssen sie jeweils Geldstrafen zahlen. Das Amtsgericht Tettnang folgte am Montag damit weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Richterin Heike Jakob sah es als erwiesen an, dass sich die 27 und 24 Jahre alten Männer gewaltsam Zutritt zu einer Häfler Wohnung verschafft und dort Bewohner und deren Besucher mit Schlägen traktiert hatten. Hintergrund war offenbar eine Kombination aus Beziehungsproblemen und Bedrohungen: Die beiden Schwager hatten wohl geglaubt, ihre Mutter und Schwester beziehungsweise Schwiegermutter und Ehefrau würden bedroht. Mit der Absicht, den vermeintlichen Bedroher zur Rede zu stellen, fuhren sie zu dessen Wohnung, klingelten und stießen die Tür auf, nachdem der Mieter diese geöffnet hatte.
Zur Tatzeit alkoholisiert
„Ich bin davon überzeugt, dass Ihnen klar war, dass eine körperliche Auseinandersetzung möglich ist“, sagte Richterin Heike Jakob. Der eine Angeklagte soll dem Mann und dessen Freundin ins Gesicht geschlagen und seinen Mitbewohner später in den Schwitzkasten genommen haben. Der zweite Angeklagte soll dem wehrlosen Mitbewohner daraufhin gegen den Kopf geschlagen haben, so dass dieser noch längere Zeit unter Kopfschmerzen litt.
Sie hätten gemeinschaftlich gehandelt, sagte Jakob in ihrer Urteilsbegründung und wies damit die Anträge der Verteidiger zurück, die die Taten als „Eins-zu-Eins-Situationen“ gewertet haben wollten. Einen minderschweren Fall erkannte sie nicht, auch wenn beide Angeklagte zur Tatzeit alkoholisiert gewesen sein sollen. Beide räumten die Vorwürfe weitgehend ein.
Tragisch in dem Fall: Die angebliche Bedrohung war erfunden. Die Opfer, von denen drei geistig beziehungsweise lernbehindert sind, machten vor Gericht klar, dass sie bis heute nicht wissen, warum die Angeklagten in die Wohnung stürmten. „In seiner Wohnung sollte man sich sicher fühlen“, sagte Staatsanwalt Peter Spieler und warf den Angeklagten vor, dass sie sich im alkoholisierten Zustand hatten provozieren lassen.
Der Verteidiger des 27-Jährigen plädierte zum Ende des Verfahrens auf Freispruch, da die Opfer angegeben hatten, keine Verletzungen erlitten zu haben. Staatsanwalt Spieler wies jedoch darauf hin, dass eine gefährliche Körperverletzung bereits gegeben sei, wenn die Opfer nicht unerhebliche Schmerzen erlitten hätten. Für weitere Anklagepunkte wegen Beleidigung und Bedrohung sah die Richterin jedoch nicht genug Anhaltspunkte.
Positive Sozialprogose
Während der 24-Jährige bisher nicht gerichtlich in Erscheinung getreten ist, wies der andere ein umfangreiches Vorstrafenregister auf: zehn Eintragungen seit 2008 unter anderem wegen Diebstahl, Betrug und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr. Bis 2014 hatte er bereits eine Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verbüßt. Richterin Jakob verurteilte ihn deshalb zu einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung. Außerdem muss er eine Geldstrafe in Höhe von anderthalb Monatsgehältern, also 1800 Euro, an den Ravensburger Bewährungshelferverein bezahlen. Zu seinen Gunsten lege sie seine inzwischen positive Sozialprognose aus, führte die Richterin aus. Der ungelernte Lagerist soll inzwischen bei einer Firma in der Nähe von Ulm arbeiten und lebt mit seiner Freundin und dem gemeinsamen Kind zusammen. Da sowohl der 27Jährige als auch der Staatsanwalt auf Rechtsmittel verzichten, ist das Urteil rechtskräftig.
Der zweite Angeklagte erhielt die Mindeststrafe von sechs Monaten, ebenfalls ausgesetzt zur Bewährung. Der arbeitslose, dreifache Familienvater muss ein halbes Monatseinkommen in Höhe von 350 Euro an den Ravensburger Bewährungshelferverein zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der 24-Jährige kann innerhalb einer Woche Berufung einlegen.