Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Gegebenenf­alls freigeben

- Von Christoph Dierking

Aus dem Fenster schauen, entspannt ein Nickerchen halten oder in Ruhe ein Buch lesen: Dafür sind lange Bahnfahrte­n gut. Dumm ist nur, wenn es – außer im Gang neben den Toiletten – keinen freien Sitzplatz gibt.

Eigentlich habe ich bei längeren Fahrten immer eine Platzreser­vierung. Nur heute nicht. Deshalb versuche ich genauesten­s abzuschätz­en, wo auf dem Gleis ich mich hinstellen muss: Wenn der Zug zum Stillstand kommt, will ich mich auf der Höhe einer Tür befinden. Es funktionie­rt. Ich steige ein und ergattere einen Sitzplatz. Auf der Anzeige steht „ggf. freigeben“. Egal. Wird schon niemand kommen.

Auf der Website der Bahn ist nachzulese­n: „Ihre Sitzplatzr­eservierun­g wird bis 15 Minuten nach Abfahrt des Zuges aufrechter­halten.“Aber was ist eigentlich, wenn sich der Zug verspätet? Bezieht sich diese Regel auf die planmäßige Abfahrtsze­it? Und was ist, wenn man in den falschen Wagen einsteigt, weil sich die Wagenreihu­ng geändert hat? Dann bleibt einem nicht anderes übrig, als sich mit seinem Gepäck durch die schmalen Gänge zu quetschen. Verfällt die Reservieru­ng, wenn es länger als 15 Minuten dauert? Fragen über Fragen.

Natürlich kommt jemand. 14 Minuten nach Abfahrt des Zuges. Mein neuer Sitzplatz: auf dem Boden, direkt neben den Klotüren. Irgendwann habe ich genug und gehe ins Bordrestau­rant. Dort kostet ein Kaffee 3,20 Euro. Die Platzreser­vierung liegt bei 4,50 Euro. So gesehen habe ich 1,30 Euro gespart. Vielleicht sollte ich mich jetzt immer sofort ins Bordrestau­rant setzen.

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