Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Gegebenenfalls freigeben
Aus dem Fenster schauen, entspannt ein Nickerchen halten oder in Ruhe ein Buch lesen: Dafür sind lange Bahnfahrten gut. Dumm ist nur, wenn es – außer im Gang neben den Toiletten – keinen freien Sitzplatz gibt.
Eigentlich habe ich bei längeren Fahrten immer eine Platzreservierung. Nur heute nicht. Deshalb versuche ich genauestens abzuschätzen, wo auf dem Gleis ich mich hinstellen muss: Wenn der Zug zum Stillstand kommt, will ich mich auf der Höhe einer Tür befinden. Es funktioniert. Ich steige ein und ergattere einen Sitzplatz. Auf der Anzeige steht „ggf. freigeben“. Egal. Wird schon niemand kommen.
Auf der Website der Bahn ist nachzulesen: „Ihre Sitzplatzreservierung wird bis 15 Minuten nach Abfahrt des Zuges aufrechterhalten.“Aber was ist eigentlich, wenn sich der Zug verspätet? Bezieht sich diese Regel auf die planmäßige Abfahrtszeit? Und was ist, wenn man in den falschen Wagen einsteigt, weil sich die Wagenreihung geändert hat? Dann bleibt einem nicht anderes übrig, als sich mit seinem Gepäck durch die schmalen Gänge zu quetschen. Verfällt die Reservierung, wenn es länger als 15 Minuten dauert? Fragen über Fragen.
Natürlich kommt jemand. 14 Minuten nach Abfahrt des Zuges. Mein neuer Sitzplatz: auf dem Boden, direkt neben den Klotüren. Irgendwann habe ich genug und gehe ins Bordrestaurant. Dort kostet ein Kaffee 3,20 Euro. Die Platzreservierung liegt bei 4,50 Euro. So gesehen habe ich 1,30 Euro gespart. Vielleicht sollte ich mich jetzt immer sofort ins Bordrestaurant setzen.