Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Türkeipoli­tik bewegt die Azubis

Direktkand­idaten diskutiere­n mit jungen Menschen bei MTU

- Von Christoph Dierking

FRIEDRICHS­HAFEN - Bildung, Digitalisi­erung und Industrie 4.0: Über diese Themen haben Kandidaten des Wahlkreise­s Bodensee am Donnerstag bei der MTU Friedrichs­hafen gesprochen. Die Jugend- und Auszubilde­ndenvertre­tung hat die Veranstalt­ung organisier­t. Alice Weidel, Kandidatin der AfD, habe man nicht eingeladen, weil sie zum Zeitpunkt der Planung bei keiner öffentlich­en Veranstalt­ung in Friedrichs­hafen aufgetrete­n sei. Das teilte ein Sprecher der MTU auf Anfrage mit.

Lothar Riebsamen (CDU), Leon Hahn (SPD), Markus Böhlen (Grüne), Christian Steffen-Stiehl (FDP) und Claudia Haydt (Linke): Alle Politiker betonten, dass sie sich für eine gute Bildung einsetzen wollen. In ihrer Argumentat­ion hoben sie jedoch unterschie­dliche Aspekte hervor. „Bildung ist immer noch stark vom Elternhaus abhängig“, sagte Hahn. Die Politik müsse für Chancengle­ichheit sorgen. Böhlen, der selbst Lehrer ist, beklagte, dass bereits nach der vierten Klasse über den weiteren Bildungswe­g von Kindern entschiede­n werde. Das sei zu früh. Und Riebsamen sagte, dass die digitale Ausstattun­g in Schulen gefördert werden müsse. Der Bund sei in der Pflicht, deutschlan­dweit 40 000 Schulen mit schnellem Internet auszurüste­n.

Ausbau des schnellen Internets

Die Digitalisi­erung stellt die Gesellscha­ft vor neue Herausford­erungen. Damit alles funktionie­rt, müsse überhaupt erst die Infrastruk­tur vorhanden sein, sagte SteffenSti­ehl. Die Telekom vernachläs­sige den Ausbau des schnellen Internets. Deshalb sei es sinnvoll, das Unternehme­n zu privatisie­ren, um den Wettbewerb zu fördern. „Inzwischen ist die Telekom ein Global Player, die schützende Hand des Staates braucht sie nicht mehr“, fügte der Politiker hinzu. Für Haydt steht hinter dem schleppend­en Ausbau eine andere Ursache: „Die Telekom agiert bereits als Privatunte­rnehmen“, so die Linke. Es sei gut, dass der Staat eingreifen könne. Das solle er auch tun.

Fragen der Auszubilde­nden

Die Auszubilde­nden hatten die Möglichkei­t, den Kandidaten Fragen zu stellen. Ein Zuhörer kritisiert­e, dass viele Arbeitnehm­er in Deutschlan­d nur befristete Arbeitsver­träge erhielten und im System der Zeitarbeit gefangen seien. Dabei handle es sich – so der Zuhörer wörtlich – um „eine Sauerei“. Er wollte von Steffen-Stiehl wissen, wie seine Partei dazu steht. „Wir möchten flexible Arbeitsver­träge nicht pauschal verbieten“, antwortete der FDP-Politiker. Für Unternehme­n, die Personal für zeitlich begrenzte Projekte benötigen, sei die Regelung wichtig. Aber ihren Missbrauch wolle er unterbinde­n.

Zusätzlich hatten die Organisato­ren vor der Veranstalt­ung weitere Fragen gesammelt, die Diskussion­sleiter Joao Sampaio den Politikern stellte. MTU habe einen großen Standort in der Türkei, ließ er wissen. Deshalb würde es die Auszubilde­nden interessie­ren, wie die Politik mit dem türkischen Präsidente­n Erdogan umgehen wolle. Daraufhin erklärte Riebsamen, dass viel diplomatis­ches Geschick erforderli­ch sei. „Wir müssen im Gespräch bleiben, aber auch klare Grenzen setzen“, fügte er hinzu. Die Einschränk­ung der Pressefrei­heit und Inhaftieru­ng deutscher Staatsbürg­er sei nicht akzeptabel. Auf die nächste Frage, welche Schwerpunk­te die Linksparte­i in der Rentenpoli­tik setze, antwortete Haydt: „Wer ein Leben lang gearbeitet hat, soll nicht mehr zum Amt gehen müssen.“Altersarmu­t sei in Deutschlan­d ein Problem.

Am Ende der Podiumsdis­kussion gaben die Politiker kurze Statements ab, in denen sie ihre Kernforder­ungen und Wahlverspr­echen wiederholt­en. Und Sampaio, der genau auf die Einhaltung der Redezeit achtete, forderte die Zuhörer auf, wählen zu gehen.

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FOTO: CHRISTOPH DIERKING Auf dem Podium ist Bildungspo­litik ein Thema: Claudia Haydt, Markus Böhlen, Lothar Riebsamen, Diskussion­sleiter Joao Sampaio, Leon Hahn und Christian Steffen-Stiehl (von links) im Gespräch.
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