Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ralf Meßmer will mit Unabhängigkeit punkten
Volles Haus beim ersten Bürgergespräch im Gasthaus „Zweifel“– Ganz so unbekannt ist der Unbekannte nicht
OBERTEURINGEN - So voll war die Gaststube im „Zweifel“in Bitzenhofen letztmals vielleicht an der Fasnet. Am Mittwochabend aber ging’s eher ernst, aber keineswegs verbissen zu. Ralf Meßmer hatte zu seinem ersten öffentlichen Bürgergespräch eingeladen, und gut 100 Interessierte wollten den Bürgermeisterkandidaten kennen lernen. Die Teuringer haben am 24. September die Wahl zwischen dem Kämmerer der Gemeinde Horgenzell und Reinhard Friedel (46), Leiter des Amtes Bildung, Familie und Sport in Friedrichshafen.
Während sein Mitbewerber als ehemaliger Gemeinderat der CDU auf kommunalpolitischem Parkett eingeführt ist, muss sich Meßmer erst bekannt machen. Das hat der 43Jährige bereits in Gesprächen mit Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen getan, wie er versichert. Deshalb war der erste öffentliche Auftritt zwar spannend, aber für etliche unter den Zuhörern ein Wiedersehen. Die halbe Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler war vertreten, dazu Aktive aus Vereinen und Institutionen der Gemeinde.
„Ich bin überwältigt, so viele Leute hier zu sehen“, sagte Meßmer, der sich vorsorglich eine Lautsprecheranlage besorgt hatte, so dass man ihn vom Stammtisch bis ins Nebenzimmer verstehen konnte. Mit einem persönlichen Einstieg fand er den Draht zum Publikum. In der Analyse der Themen zeigte er sich umfassend informiert und in der Erläuterung seines Wahlprogramms gut präpariert. Er verspricht, neue Akzente in der Bürgerbeteiligung zu setzen und hebt vor allem seine Unabhängigkeit und Erfahrung hervor.
Konsensorientiert
Seit 17 Jahren wohnt Meßmer in Oberteuringen. Zusammen mit seiner Frau Sabine habe er 2006 direkt an der Rotach in Unterteuringen ein Haus gebaut. Sie fühlten sich dort mit ihren beiden Kindern Henry (4) und Clara, die vor sechs Jahren mit einem Down Syndrom zu Welt kam, wohl. Seine Frau habe er im Studium in Kehl kennen gelernt, und weil sie im Landratsamt in Friedrichshafen und er in Horgenzell arbeite, hätten sie Oberteuringen als idealen Standort dazwischen gewählt. In Horgenzell arbeitete er als Kämmerer und Stellvertreter des Bürgermeisters im dem Rathaus. Darüber hinaus führe er die Geschäfte eines Schulverbandes und zweier Wasserversorgungsverbände. Wie Oberteuringen sei Horgenzell stark gewachsen. Man habe auch ein Schulzentrum gebaut. „Große Baumaßnahmen, wie sie hier anstehen, bin ich gewöhnt.“Über alle Sach- und Fachthemen stellte Meßmer jedoch seine Neutralität. „Für die anstehenden Entscheidungen brauchen wir im Gemeinderat einen starken Konsens, und den kann ich als Bürgermeister ohne Parteibuch am besten herstellen“, sagte Meßmer. Damit einher gehe für ihn eine rege Bürgerbeteiligung. Einen kleinen Vorgeschmack, wie er sich diese vorstelle, liefere seine Umfrage. Ideen und Fachwissen der Bürger zu nutzen sei für ihn wichtig.
Zurückrudern geht nicht mehr
Den zweiten Teil seines einstündigen Vortrags widmete Meßmer Sachthemen: Die Schule nahm großen Raum ein, der Bedarf an Gewerbeflächen, der Ausbau der Breitbandversorgung, das Vorzeigeprojekt Campus, der Straßenverkehr allgemein und der öffentliche Nahverkehr im Besonderen, die Förderung von Familien und Vereinen, die Jugendarbeit, Umwelt und Landwirtschaft. In Sachen Aus- und Neubau der Teuringer-Tal-Schule hatte Meßmer eine klare Botschaft: Die vom Gemeinderat verabschiedeten Pläne gelte es so schnell wie möglich umzusetzen. Auch wenn mancher am Alten hänge, zurückrudern gehe nicht mehr. Die Finanzierung des auf rund sieben Millionen Euro geschätzten Vorhabens will Meßmer mit einer Doppelstrategie angehen: Ein Teil soll über Baulanderlöse reinkommen, ein anderer Teil über Darlehen abgedeckt werden.
Offen für Waldkindergarten
Kritisch sieht Meßmer die Lage im Gewerbe. In den vergangenen Jahren sei es nicht gelungen, genügend Flächen anzubieten, was zur Abwanderung von Betrieben geführt habe. Auch im Ausbau des Breitbandnetzes sieht Meßmer viel Luft nach oben. Seine Umfrage habe gezeigt, dass dieses Thema virulent sei. Der Lebensraum-Campus ist für Meßmer ein Vorzeigeprojekt, auf das andere Gemeinden mit gewissem Neid schauen. Einen riesengroßen Vorteil sieht er im Pflegestützpunkt, der hier entstehen soll.
Ein Dauerthema, und dazu noch ein sehr komplexes, sei der öffentliche Personen Nahverkehr ÖPNV. Das Wünschenswerte, Machbare und das tatsächliche Angebot liegen teilweise weit auseinander. Demnächst stünden neue Verhandlungen mit dem Stadtwerk am See an. Er sei noch skeptisch, ob dessen Optimierungsstrategie nicht nur darauf hinauslaufe, Kosten zu sparen. Als Bürgermeister habe er das Interesse, möglichst viel herauszuholen. Vom Vorschlag, die Rechts-vor-Links-Regelung in der Adenauerstraße wieder abzuschaffen, hält Meßmer nichts. Über weitere 30er-Zonen, über Regelungen an Schulen und Kindergärten müsse man sprechen. Bei der Kinderbetreuung sieht er die Gemeinde gut aufgestellt. Einem Waldkindergarten stehe er positiv gegenüber. „Wenn heute ein Verein kommt und sagt, wir machen das, ziehe ich mit“, so Meßmer. Die Frage-Antwort-Runde drehte sich um Strommasten und Brachen in Bitzenhofen, die Förderung des Ehrenamtes, Räume für kleinere Vereine, Integration von Neubürgern und die Schule. Die Frage, warum er bisher in Oberteuringen nicht in Erscheinung getreten sei, beantwortete Meßmer mit beruflichen und familiären Gründen. Eigentlich sei er ein Vereinsmensch, aber die Umstände hätten es bisher nicht zugelassen, dass er sich hier engagierte.
Offizielle Kandidatenvorstellung am Montag, 11. September, 19 Uhr in der Post.
SZ-Wahlpodium mit beiden Kandidaten am Donnerstag, 14. September, um 19.30 Uhr in der Post. Radtour quer durch die Ortsteile mit Ralf Meßmer am Sonntag, 17. September, ab 15 Uhr am Rathaus. Gesprächsrunde mit Reinhard Friedel am Dienstag, 19. September, 19 Uhr im Adler in Hefigkofen Gesprächsrunde mit Reinhard Friedel am 20. September 19 Uhr im Restaurant Am Obstgarten in Bitzenhofen.
Bürgergespräch am Donnerstag, 21. September, ab 20 Uhr, im Wirtshaus an der Rotach an.
Wahl am Sonntag, 24. September.