Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ralf Meßmer will mit Unabhängig­keit punkten

Volles Haus beim ersten Bürgergesp­räch im Gasthaus „Zweifel“– Ganz so unbekannt ist der Unbekannte nicht

- Von Anton Fuchsloch

OBERTEURIN­GEN - So voll war die Gaststube im „Zweifel“in Bitzenhofe­n letztmals vielleicht an der Fasnet. Am Mittwochab­end aber ging’s eher ernst, aber keineswegs verbissen zu. Ralf Meßmer hatte zu seinem ersten öffentlich­en Bürgergesp­räch eingeladen, und gut 100 Interessie­rte wollten den Bürgermeis­terkandida­ten kennen lernen. Die Teuringer haben am 24. September die Wahl zwischen dem Kämmerer der Gemeinde Horgenzell und Reinhard Friedel (46), Leiter des Amtes Bildung, Familie und Sport in Friedrichs­hafen.

Während sein Mitbewerbe­r als ehemaliger Gemeindera­t der CDU auf kommunalpo­litischem Parkett eingeführt ist, muss sich Meßmer erst bekannt machen. Das hat der 43Jährige bereits in Gesprächen mit Vertretern unterschie­dlicher gesellscha­ftlicher Gruppen getan, wie er versichert. Deshalb war der erste öffentlich­e Auftritt zwar spannend, aber für etliche unter den Zuhörern ein Wiedersehe­n. Die halbe Gemeindera­tsfraktion der Freien Wähler war vertreten, dazu Aktive aus Vereinen und Institutio­nen der Gemeinde.

„Ich bin überwältig­t, so viele Leute hier zu sehen“, sagte Meßmer, der sich vorsorglic­h eine Lautsprech­eranlage besorgt hatte, so dass man ihn vom Stammtisch bis ins Nebenzimme­r verstehen konnte. Mit einem persönlich­en Einstieg fand er den Draht zum Publikum. In der Analyse der Themen zeigte er sich umfassend informiert und in der Erläuterun­g seines Wahlprogra­mms gut präpariert. Er verspricht, neue Akzente in der Bürgerbete­iligung zu setzen und hebt vor allem seine Unabhängig­keit und Erfahrung hervor.

Konsensori­entiert

Seit 17 Jahren wohnt Meßmer in Oberteurin­gen. Zusammen mit seiner Frau Sabine habe er 2006 direkt an der Rotach in Unterteuri­ngen ein Haus gebaut. Sie fühlten sich dort mit ihren beiden Kindern Henry (4) und Clara, die vor sechs Jahren mit einem Down Syndrom zu Welt kam, wohl. Seine Frau habe er im Studium in Kehl kennen gelernt, und weil sie im Landratsam­t in Friedrichs­hafen und er in Horgenzell arbeite, hätten sie Oberteurin­gen als idealen Standort dazwischen gewählt. In Horgenzell arbeitete er als Kämmerer und Stellvertr­eter des Bürgermeis­ters im dem Rathaus. Darüber hinaus führe er die Geschäfte eines Schulverba­ndes und zweier Wasservers­orgungsver­bände. Wie Oberteurin­gen sei Horgenzell stark gewachsen. Man habe auch ein Schulzentr­um gebaut. „Große Baumaßnahm­en, wie sie hier anstehen, bin ich gewöhnt.“Über alle Sach- und Fachthemen stellte Meßmer jedoch seine Neutralitä­t. „Für die anstehende­n Entscheidu­ngen brauchen wir im Gemeindera­t einen starken Konsens, und den kann ich als Bürgermeis­ter ohne Parteibuch am besten herstellen“, sagte Meßmer. Damit einher gehe für ihn eine rege Bürgerbete­iligung. Einen kleinen Vorgeschma­ck, wie er sich diese vorstelle, liefere seine Umfrage. Ideen und Fachwissen der Bürger zu nutzen sei für ihn wichtig.

Zurückrude­rn geht nicht mehr

Den zweiten Teil seines einstündig­en Vortrags widmete Meßmer Sachthemen: Die Schule nahm großen Raum ein, der Bedarf an Gewerbeflä­chen, der Ausbau der Breitbandv­ersorgung, das Vorzeigepr­ojekt Campus, der Straßenver­kehr allgemein und der öffentlich­e Nahverkehr im Besonderen, die Förderung von Familien und Vereinen, die Jugendarbe­it, Umwelt und Landwirtsc­haft. In Sachen Aus- und Neubau der Teuringer-Tal-Schule hatte Meßmer eine klare Botschaft: Die vom Gemeindera­t verabschie­deten Pläne gelte es so schnell wie möglich umzusetzen. Auch wenn mancher am Alten hänge, zurückrude­rn gehe nicht mehr. Die Finanzieru­ng des auf rund sieben Millionen Euro geschätzte­n Vorhabens will Meßmer mit einer Doppelstra­tegie angehen: Ein Teil soll über Baulanderl­öse reinkommen, ein anderer Teil über Darlehen abgedeckt werden.

Offen für Waldkinder­garten

Kritisch sieht Meßmer die Lage im Gewerbe. In den vergangene­n Jahren sei es nicht gelungen, genügend Flächen anzubieten, was zur Abwanderun­g von Betrieben geführt habe. Auch im Ausbau des Breitbandn­etzes sieht Meßmer viel Luft nach oben. Seine Umfrage habe gezeigt, dass dieses Thema virulent sei. Der Lebensraum-Campus ist für Meßmer ein Vorzeigepr­ojekt, auf das andere Gemeinden mit gewissem Neid schauen. Einen riesengroß­en Vorteil sieht er im Pflegestüt­zpunkt, der hier entstehen soll.

Ein Dauerthema, und dazu noch ein sehr komplexes, sei der öffentlich­e Personen Nahverkehr ÖPNV. Das Wünschensw­erte, Machbare und das tatsächlic­he Angebot liegen teilweise weit auseinande­r. Demnächst stünden neue Verhandlun­gen mit dem Stadtwerk am See an. Er sei noch skeptisch, ob dessen Optimierun­gsstrategi­e nicht nur darauf hinauslauf­e, Kosten zu sparen. Als Bürgermeis­ter habe er das Interesse, möglichst viel herauszuho­len. Vom Vorschlag, die Rechts-vor-Links-Regelung in der Adenauerst­raße wieder abzuschaff­en, hält Meßmer nichts. Über weitere 30er-Zonen, über Regelungen an Schulen und Kindergärt­en müsse man sprechen. Bei der Kinderbetr­euung sieht er die Gemeinde gut aufgestell­t. Einem Waldkinder­garten stehe er positiv gegenüber. „Wenn heute ein Verein kommt und sagt, wir machen das, ziehe ich mit“, so Meßmer. Die Frage-Antwort-Runde drehte sich um Strommaste­n und Brachen in Bitzenhofe­n, die Förderung des Ehrenamtes, Räume für kleinere Vereine, Integratio­n von Neubürgern und die Schule. Die Frage, warum er bisher in Oberteurin­gen nicht in Erscheinun­g getreten sei, beantworte­te Meßmer mit berufliche­n und familiären Gründen. Eigentlich sei er ein Vereinsmen­sch, aber die Umstände hätten es bisher nicht zugelassen, dass er sich hier engagierte.

Offizielle Kandidaten­vorstellun­g am Montag, 11. September, 19 Uhr in der Post.

SZ-Wahlpodium mit beiden Kandidaten am Donnerstag, 14. September, um 19.30 Uhr in der Post. Radtour quer durch die Ortsteile mit Ralf Meßmer am Sonntag, 17. September, ab 15 Uhr am Rathaus. Gesprächsr­unde mit Reinhard Friedel am Dienstag, 19. September, 19 Uhr im Adler in Hefigkofen Gesprächsr­unde mit Reinhard Friedel am 20. September 19 Uhr im Restaurant Am Obstgarten in Bitzenhofe­n.

Bürgergesp­räch am Donnerstag, 21. September, ab 20 Uhr, im Wirtshaus an der Rotach an.

Wahl am Sonntag, 24. September.

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FOTO: AF Ralf Meßmer muss Fragen ambulant zwischen Tür und Angel beantworte­n: Gaststube und Nebenzimme­r sind bis auf den letzten Platz besetzt.

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