Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Besucheransturm auf Schloss Kirchberg
Beim Tag des offenen Denkmals informieren Bewohner und Heimatverein über das Kulturdenkmal
IMMENSTAAD (hke) - In einem unerwartet großen Ansturm haben die Besucher des Tages des offenen Denkmals gestern die Möglichkeit genutzt, nach rund 20 Jahren wieder einmal Schloss Kirchberg zu besuchen. Heimatverein und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer präsentierten gemeinsam die wechselvolle Geschichte des Kulturdenkmals in prominenter Seelage.
Draußen brummte und staute die B 31 – drinnen, im Innenhof, scharten sich die Besucher um Heide und Dieter Budde vom Heimatverein sowie Peter Ziem, engagierter Bewohner einer der 46 privat genutzten Wohneinheiten des Schlosses. An drei Terminen im Laufe des Sonntags informierten die Experten über die Geschichte - wie „Macht und Pracht“auch hier zusammenwirkten.
Die letzten Ritter
Von den letzten Rittern auf Schloss Kirchberg war die Rede, die sich aus Eifersucht zerstritten, sodass das Schloss ans Kloster Salem fiel – und 1229 an das Kloster Kempten. 1288 verkaufte die Benediktinerabtei Kempten „Kilchperc am Bodensé“an das Zisterzienserkloster Salem. Von Laienbrüdern bewirtschaftet war das Haupterzeugnis Wein. 1500 wurde eine Kapelle gebaut, 1541 der Bau des Hofmeistergebäudes mit Weinkeller und Treppengiebeln begonnen. 1546 begann der Bau des Südflügels. 1634 setzte Salem einen weltlichen Hofmeister ein für Reb-, Obst- und Waldbau.
Die ersten Mönche
In der Amtszeit von Abt Constantin Miller von 1725 bis 1745 erhielt das Hofmeistergebäude seine heutige Gestalt, der Südflügel wurde erweitert und das Ökonomiegebäude neu gebaut. Später wurden die Mauer am See sowie ein Bootsanleger neu errichtet. Nach dem Bau des Ostflügels unter Abt Anselm II. Schwab und des Rundhauses am See diente Schloss Kirchberg als Sommerresidenz für die Äbte von Salem. An den Markgraf von Baden fiel das Schloss 1802 und gehörte zur Gemeinde Salem.
Für den letzten Abt des Klosters Salem, Kaspar Öchsle, und vier Mitbrüder wurde das Schloss zum Altersruhesitz. 1806 fielen Kirchberg, Hagnau, Kippenhausen und Immenstaad an das Großherzogtum Baden. 1853 wurde das Schloss Sommersitz des Großherzogs von Baden. 1863 lag der Weinbau am See am Boden. 1880 erhöhte Prinz Wilhelm den Südflügel um ein Stockwerk.
Markgraf verkauft
Ob Schloss Kirchberg im Ersten Weltkrieg als Lazarett genutzt wurde, lässt sich nicht belegen. Nach dem Ende der Monarchie blieb das Schloss 1919 im Privatvermögen des Markgrafen. 1925 schmuggelte der Verwalter von Kirchberg, Johann Röhrenbach, Müller-Thurgau-Rebstöcke aus Tägerwilen nach Kirchberg. Mit dem Erfolg der neuen Rebsorte dauerte es noch einige Jahre.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Kirchberg von Dornier genutzt. Angeblich wurde eine Attrappe der Dornier-Werke Manzell zwischen Hagnau und Kirchberg aufgebaut. Belege gibt es allerdings keine. 1945 diente das Schloss als Gefängnis für Angeklagte der Nürnberger Prozesse. Nach 1945 kehrte Dornier zurück, und die Schlossschule Salem richtete eine Zweigstelle ein. 1972 wurde Kirchberg durch die Verwaltungsreform nach Immenstaad eingegliedert. 1995 verkaufte der Markgraf von Baden Schloss, Hafen und Campingplatz. 1996 übernahm Rechtsanwalt Rüdiger Diez aus Tübingen das Schloss. Peter Ziem von der Eigentümergemeinschaft wies darauf hin, dass von staatlicher Seite damals kein Interesse bestand, in das Kulturdenkmal zu investieren. 1999 waren die ersten Wohnungen bezugsfertig. 2007 kaufte die Hotelier-Familie Neuner-Jehle aus Friedrichshafen den Ostflügel und baute ihn um. 2015 wurden weitere Wohnungen im Ökonomiegebäude fertig. Zuletzt wurden im Hofmeistergebäude Dach und Dachgeschoss für 700 000 Euro saniert.
Denkmalschutz wacht
Das nächste Projekt ist die Restaurierung von Fassade, Balkons und Steinarbeiten am Südflügel mit einem Kostenumfang von 750 000 Euro. Ziem erläuterte, wie aufwendig sich die Arbeiten in Abstimmung mit dem Denkmalschutz und durch zugelassene Handwerker gestalteten. Die Gemeinschaft komme auch für die allgemein genutzten Flächen wie Hof, Garten, Brunnen, Terrassen, Fassaden und Balkons auf. „Wir bewahren Werte“sei deshalb das Motto der Wohnungseigentümer.
Im Ostflügel und im Ökonomiegebäude waren einige Wohnungen zu besichtigen. Der Heimatverein präsentierte Infomaterial und Schriften. Auch die Bürgerinitiative B 31 war mit einem Stand vor Ort.