Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wer hat den Immobilienhai erstochen?
4. Kressbronner Krimi-Nächte mit Autorenlesung eröffnet – Michael Boenke stellt seinen Krimi vor
KRESSBRONN - Zwei Reihen sind frei geblieben, als am Samstagabend im Foyer des Kressbronner Rathauses die 4. Kressbronner Krimi-Nächte mit der Lesung des Bad Saulgauer Autors Michael Boenke eröffnet wurden.
Die Kulturbeauftragte Martina Heise gab eingangs einen Überblick über die kommenden Abende und erwähnte, dass für das längst ausverkaufte Kriminal-Dinner im Gasthaus „Max & Moritz“zwei Zusatztermine gefunden wurden, nähere Infos zu den Veranstaltungen sind im Flyer nachzulesen.
Leider wurde nicht erwähnt, wer das Programm für die elf Abende aufgestellt hat und nach welchen Gesichtspunkten ausgewählt wurde.
Der Autor Michael Boenke stellte sich selbst vor. Nach zehnjähriger intensiver Arbeit an Religionsschulbüchern und den dazugehörigen Handreichungen für die Lehrer habe der studierte Germanist und Theologe Lust gehabt, etwas ganz anderes zu schreiben. So habe er sich hingesetzt und einfach drauflosgeschrieben und beim Erstling nach siebzig Seiten selbst noch nicht gewusst, wer der Mörder sein würde. Nach der Lesung aus seinem jüngsten „Provinzkrimi“um den Lehrer Daniel Bönle mit dem Titel „Versumpft“wollte eine Zuhörerin wissen, wie die Bücher entstanden.
„Ich schreibe ganz schnell den Krimi runter, in drei bis sechs Wochen Ferien“, erzählte der inzwischen am Berufsschulzentrum in Bad Saulgau unterrichtende Lehrer. Weitere Fragen kamen nicht, dafür bildete sich eine lange Schlange vor dem Signiertisch.
Die Zuhörer – wie üblich waren die Frauen deutlich in der Überzahl – waren neugierig geworden. Der Autor hatte es geschafft, trotz der bei Lesungen eher ungewöhnlichen Pause die Spannung zu halten.
Boenkes Krimis spielen im Pfrunger-Burgweiler Ried zwischen Ostrach und Wilhelmsdorf. Ihr Protagonist, der Lehrer Bönle, Vorsitzender eines Motorradclubs, trägt autobiografische Züge – auch der Autor ist begeisterter Harley-Fahrer.
Lokale Krimis haben Konjunktur
Schaurige und heitere Passagen wolle er lesen, sagte Boenke und führte mitten hinein zu Ereignissen im Ried, wo zu gewissen Zeiten die Nebel wabern und eine gruselige Stimmung aufbauen.
Nach einer handfesten Auseinandersetzung Bönles mit seinem Nachbarn, dem Immobilienhai Lederer, überstürzen sich die Ereignisse. Gleich zwei Tote serviert der Autor bei der Lesung. Er liest lebhaft, dirigiert mit der Rechten, schenkt seinem Publikum kaum einen Blick. Er weiß, dass er ankommt. Lokale Krimis haben seit einigen Jahren Konjunktur, noch ist kein Ende abzusehen.
Sehr genau beschreibt Boenke die Menschen und ihr Verhalten, lässt spüren, wie Spannungen sich aufbauen und entladen. Das ist nicht ortsgebunden und der Zuhörer oder Leser passt genau auf, ob irgendeine versteckte Andeutung zu entdecken ist. Das Ganze ist in der Gegenwart angekommen, ob der schwarze Pfarrer Deodonatus Ngumbu, ein kräftiger Massai, seine alte NSU-Quickly S an die Harley des Clubvorsitzenden lehnt oder ob der Makler auf dem neuesten Tablet herumfingert.
Man sitzt fest in der Gegenwart und ist neugierig, was noch alles kommt. Dass der Zuhörer nichts über den Täter erfährt, versteht sich von selbst.