Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der Hero turnt wieder
Andreas Toba qualifiziert sich bei seinem Comeback auf Anhieb für die WM, auch Tabea Alt überzeugt
STUTTGART (SID/dpa) - Andreas Toba reckte beide Fäuste in die Luft, klatschte dann feixend in die Hände und strahlte über das ganze Gesicht. Es sei ein „unfassbar geiles Gefühl, wieder zu turnen“, jubelte der deutsche Olympiaheld nach seiner erfolgreichen Rückkehr auf die große Bühne. Die Ovationen der Fans bei der WM-Qualifikation in Stuttgart genoss Toba in vollen Zügen.
„Ich freue mich, dass es so gut gelaufen ist“, sagte der 26-Jährige nach zwei soliden Übungen und den Bestnoten an Pauschenpferd (14,10) und Ringen (14,35). 13 Monate nach seinem Kreuzbandriss bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ist Toba wieder da – und löste auf Anhieb sein Ticket für die Weltmeisterschaft vom 2. bis 8. Oktober in Montreal/Kanada.
Zwar seien beide Übungen „nicht perfekt“gewesen. Doch an den „kleinen Fehlern“werde er in den nächsten Wochen arbeiten. Das Fazit fiel bei aller Selbstkritik aber positiv aus. „Ich bin froh, dass ich meine Übungen durchgeturnt habe“, sagte Toba.
In Rio de Janeiro war Toba berühmt geworden, als er trotz eines im Wettkampf erlittenen Kreuzbandrisses noch eine Übung am Pauschenpferd geturnt und damit der deutschen Riege ins Mannschaftsfinale verholfen hatte. Dafür war der Hannoveraner in der Öffentlichkeit zum „Hero de Janeiro“gekürt und mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem Bambi.
Neben Toba nominierte Bundestrainer Andreas Hirsch Qualifikationssieger Philipp Herder, Marcel Nguyen, Nils Dunkel, Ivan Rittschik und Andreas Bretschneider für die WM. Ein Jahr nach dem Rücktritt von Reck-Olympiasieger Fabian Hambüchen zollte der 59-jährige Coach vor allem dem starken Comeback von Bretschneider Respekt. Nach zwei Schulteroperationen und sechs Monaten Zwangspause zeigte der Chemnitzer am Reck eine Übung mit der DNote von 6,6 inklusive des von ihm erfundenen Flugelements. „Wir gehen davon aus, dass man für eine WM-Medaille eine 6,5 braucht“, erklärte Hirsch: „Erstaunlich, dass das nach einem halben Jahr schon so funktioniert hat.“Medaillenhoffnungen können die Deutschen ansonsten kaum hegen, Herder (82,450 Punkte) hofft natürlich auf das Mehrkampffinale bei der WM.
Bei den Frauen reisen vier der fünf Rio-Turnerinnen nach Kanada, nur Bronzegewinnerin Sophie Scheder fällt nach einer Knieoperation noch aus. Beim Qualifikationswettkampf am Samstag zeigte allein Siegerin Tabea Alt einen überzeugenden Vierkampf. Für die Titelkämpfe in Nordamerika berief Koch neben der 17 -Jährigen die Olympiavierte Elisabeth Seitz (Stuttgart), Pauline Schäfer (Chemnitz) und Kim Bui (Stuttgart).
Trotz ihres Mehrkampferfolges mit 54,60 Punkten hatte sich GesamtWeltcupsiegerin Tabea Alt noch Reserven für die WM aufgehoben: An ihrem Spezialgerät Schwebebalken, an dem sie nach einer WM-Medaille greifen will, stürzte sie bei der Dreifachkombination. „Es war nicht ganz angenehm, aber es ist nichts passiert. Wenn man normal runterfliegt, wäre es angenehmer. Aber im Leben läuft es nicht immer geradeaus“, sagte sie. Dennoch legt sich Cheftrainerin Ulla Koch fest: „Tabea ist bei der WM unsere einzige Mehrkämpferin.“