Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Alternativlos
So einfach kann Wahlkampf sein. Halimah Yacob ist am Mittwoch zur Staatspräsidentin von Singapur ernannt worden, ohne dass die Bürger des Stadtstaates erst umständlich zur Wahlurne gehen mussten. Dafür hatte die staatliche Wahlkommission gesorgt: Die vier Mitbewerber der bisherigen Parlamentspräsidentin Yacob wurden kurzerhand disqualifiziert. Zwei Kandidaten gehörten nicht der Minderheit der Malaien an – diese ethnische Gruppe war aber offiziell dafür vorgesehen, das höchste Amt des Vielvölkerstaates zu besetzen. Die anderen beiden waren zwar Malaien. Ihnen wurde aber eine eigentümliche Regelung im singapurischen Wahlrecht zum Verhängnis. Demnach müssen Kandidaten, die zuvor in der Privatwirtschaft tätig waren, ein Unternehmen mit einem Marktwert von mindestens 500 Millionen Singapur-Dollar (311 Millionen Euro) geführt haben.
Nachdem alle vier Kontrahenten ausgesiebt waren, blieb Halimah Yacob als einzige Bewerberin für das vorwiegend zeremonielle Präsidentenamt übrig. Das sie die Wunschkandidatin der Regierungspartei PAP gewesen ist, der sie bis zu ihrer Kandidatur für das höchste Staatsamt auch angehörte, hat ihr bei diesem Auswahlprozess zumindest nicht geschadet. Singapur ist zwar der Form nach eine Demokratie, faktisch aber hält die PAP seit der Unabhängigkeit im Jahr 1965 alle Zügel in der Hand. Widerspruch gegen die Wahl Yacobs regt sich denn auch vor allem anonym, im Internet. Nach einer Untersuchung des Online-MonitoringDienstes Meltwater waren 85 Prozent der Äußerungen von Singapurern in sozialen Medien zur Ein-Personen-„Wahl“negativ. Angesichts der Kritik versprach Yacob, sie wolle „Präsidentin für alle“sein. „Obwohl es keine Wahl gibt, bleibt mein Engagement, Ihnen zu dienen, dasselbe.“Ulrich Mendelin