Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
22-Jähriger wegen versuchten Mordes angeklagt
Prozessauftakt am Landgericht
RAVENSBURG - Gegen einen 22-jährigen Ravensburger hat am Freitag am Landgericht Ravensburg der Strafprozess begonnen. Ihm werden versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung und schwerer Raub zur Last gelegt. Der Angeklagte soll im März dieses Jahres einen 63-jährigen Mann lebensgefährlich verletzt haben, indem er ihm mit einem Feuerlöscher und einem PC-Monitor auf den Kopf schlug und mit einem scharfen Gegenstand mehrmals auf ihn einstach. Der Mann überlebte den Angriff schwer verletzt. Zu Beginn der Verhandlung gab der Angeklagte die Tat zu. Er erklärte jedoch: „Ich hatte nie die Absicht, ihn zu töten.“
Vorausgegangen war ein Streit zwischen ihm und dem 63-Jährigen. Wie der Angeklagte schilderte, hatte er sich am frühen Nachmittag mit drei Freunden im Hirschgraben getroffen, um Musik zu hören und Wodka zu trinken. Vom Fenster eines Nachbargebäudes aus habe sich der 63-Jährige über die Musik beschwert und ihn und seine Freunde beleidigt. Diese erwiderten die Beleidigungen lautstark, wie ein weiterer Anwohner vor Gericht bestätigte.
Was danach genau passierte, ist bislang unklar. Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte zur Wohnung des 63-Jährigen im zweiten Stock gegangen sein und dort geklopft haben. Als dieser aufmachte, habe er ihn mit einem Feuerlöscher auf den Kopf geschlagen und am Boden liegend mehrmals getreten. Danach habe er einen PC-Monitor auf den Kopf des Mannes geworfen und ihn dreimal in die Seite gestochen, vermutlich mit einer Schere. Er soll den Geldbeutel seines Opfers durchsucht und eine Fahrkarte daraus mitgenommen haben.
Den Schlag mit dem Feuerlöscher bestreitet der Angeklagte, der bei der Schilderung der Tat recht ruhig wirkt. „Ich hab den Feuerlöscher aus dem Flur nur mitgenommen, um die Tür aufzumachen.“Warum er auf den 63Jährigen einstach, kann er nicht sagen. Auch an das Treten kann er sich nicht mehr erinnern. „Ich war wie in einem Film“, erklärt er. Erst als er realisiert habe, dass sich auch eine Frau im Zimmer befand, sei er zu sich gekommen. „Ich hab ihn liegen sehen. Überall war Blut und so.“Die Frau, die bei dem 63-Jährigen zu Besuch war, verständigte Polizei und Notarzt.
Im Krankenhaus stellte man bei dem 63-Jährigen lebensgefährliche Verletzungen fest, darunter einen Lungendurchstich, eine Schädelfraktur und ein Schädelhirntrauma. Nach mehreren Operationen und zwei Wochen auf der Intensivstation wurde er wieder entlassen. Er sagte am Freitag vor Gericht aus. „Jetzt hab ich dich, du alte Drecksau“, habe der Angeklagte zu ihm gesagt, bevor er ihn mit dem Feuerlöscher schlug. An mehr könne er sich nicht mehr erinnern. Fünf Jahre habe er neben dem Hirschgraben gewohnt, immer wieder habe es Ärger gegeben, immer wieder habe er sich bei der Stadt beschwert und die Polizei gerufen. An diesem Tag sei ihm der Kragen geplatzt. Dass er an dem Tag „erheblich alkoholisiert“gewesen sei, gibt er auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Matthias Geiser zu.
Als „leicht angetrunken“bezeichnet der Angeklagte seinen damaligen Zustand, eine Einschätzung, die der anwesende Sachverständige Hermann Assfalg teilt. Die Verhandlung wird fortgesetzt.