Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Nach 48 Stunden Arbeit wurde gezeichnet
Stadtarchiv zeigt Ausstellungsstücke des Freundeskreises Maybach-Museum
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Einige Sammlerstücke des Freundeskreises Maybach-Museum sind ab Freitag, 22. September, im Stadtarchiv zu sehen. Titel der Ausstellung: „In der Luft, zu Wasser und zu Land“. Andrea Böttcher, Vorstandsmitglied des Freundeskreises, stellt vorab in der Schwäbischen Zeitung einige Objekte vor. Heute: eine Lehrlingszeichnung.
Dass Karl Maybach nur höchste Ansprüche an seine technischen Konstruktionen stellte, ist wohlbekannt. Ebenso wichtig war ihm, den Nachwuchs im Unternehmen an dieselbe Qualität und Verlässlichkeit heranzuführen wie sie die Mitarbeiter später den Produkten verliehen.
1919 begründete der MaybachMotorenbau seine eigene Lehrwerkstatt innerhalb des Zeppelin-Konzerns, 1921 kam die angeschlossene Werkschule dazu. Damit war Karl Maybach einer der ersten in Württemberg, der eine duale Ausbildung im eigenen Unternehmen einführte und so Theorie und Praxis ideal zu verbinden wusste. Man hatte erkannt, dass der Bedarf an bestmöglich ausgebildeten Facharbeitern nur durch die Ausbildung nach eigenen Standards gedeckt werden und damit dem eigenen Qualitätsanspruch Rechnung getragen werden konnte. Auch die Lehrlinge der Zahnradfabrik Friedrichshafen AG und der Luftschiffbau Zeppelin GmbH nahmen an der Grundausbildung bei Maybach teil (bis zur Begründung eigener Lehrwerkstätten ab 1945); die Dornier-Lehrlinge besuchten gemeinsam mit allen die Werkschule.
Den hohen Anforderungen hatten die Lehrlinge damals auch außerhalb der Werkstatt zu genügen: Nach 48 Stunden Arbeitszeit in der Woche war ab Samstagmittag der Wochenbericht in sauberer Schrift anzufertigen, einschließlich aufwändiger Zeichnungen von Konstruktionen oder Werkstücken – ein Beispiel sehen Sie auf unserem Bild. Montag früh wurde das Heft dem Ausbildungsmeister vorgelegt, der mit dem Rotstift korrigierte und nach einem strukturierten Bewertungssystem die erreichte Punktzahl daruntersetzte.
Die Ausbildungsmeister gaben ihrerseits ihr Bestes, förderten die Jungen, wo sie konnten, versuchten eine Balance zwischen Strenge und Wohlwollen, gaben ihnen Werte wie Kameradschaft, Hilfsbereitschaft, Humor und das Gefühl von Zugehörigkeit mit.
Das Ergebnis der umfassenden, sich am Menschen wie an höchsten fachlichen Zielen orientierenden dreieinhalb Lehrjahre war, dass die Ausbildung bei Maybach bald den allerbesten Ruf genoss: Über die Jahre erhielt das Unternehmen Auszeichnungen für die Qualität seiner Ausbildung und durfte seine Facharbeiter nach der Prüfung mit der Gewissheit entlassen, dass diese überall beste Aussichten hatten – wenn sie nicht ohnehin in der eigenen Lehrfirma verblieben. Wer also die Aufnahmeprüfung für die Lehre bestand, durfte stolz sein auf seine Zugehörigkeit zum Maybach-Motorenbau.