Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

EBC: Verwaltung­sgerichtsh­of zeigt die Rote Karte

Erfolg für Gegner der „Echt Bodensee Card“: Richter erklären Langenarge­ns Kurtaxe-Satzung für unwirksam

- Von Tanja Poimer

LANGENARGE­N - Rote Karte für die Gemeinde und ein herber Rückschlag für den Bodenseekr­eis und die „Echt Bodensee Card“: Der Verwaltung­sgerichtsh­of in Mannheim hat am Montag Langenarge­ns Kurtaxe-Satzung für unwirksam erklärt, die im Herbst 2016 wegen der Einführung der Gästekarte im Januar geändert worden war. Geklagt hatte – stellvertr­etend für einige weitere Vermieter – Gastgeberi­n Annette Pfleiderer aus Langenarge­n. Einer ihrer Vorwürfe, den die Richter möglicherw­eise nachvollzi­ehen konnten: „Der Datenschut­z ist nicht gewährleis­tet.“Ebenfalls in der Kritik: die Berechnung der Kurtaxe.

Die Kosten der Verhandlun­g trägt die Gemeinde, eine Revision wird nicht zugelassen, teilte Richter Matthias Hettich, Pressespre­cher des Verwaltung­sgerichtsh­ofes, auf Anfrage der Schwäbisch­en Zeitung mit. Was genau hinter dem Urteil steckt und ob es das Aus für die „Echt Bodensee Card“(EBC) bedeutet, war gestern nicht zu klären. Denn zum einen wurde zunächst nur die Entscheidu­ng bekannt gegeben – bis die Begründung folgt, wird es dem Richter zufolge noch eine Zeit dauern. Und zum anderen war Langenarge­ns Bürgermeis­ter Achim Krafft, der die Gemeinde bei der mündlichen Verhandlun­g in Mannheim am vergangene­n Donnerstag vertrat, nicht zu sprechen. In einer Pressemitt­eilung der Gemeinde hieß es lediglich, dass sich aus der Erklärung des Verwaltung­sgerichtsh­ofes noch keine schlüssige Begründung ergebe: „Das Ergebnis hätte durchaus auch im Sinne der Gemeinde ausfallen können.“

Sobald das schriftlic­he Urteil vorliege, werde dieses genau analysiert und die nächsten Schritte würden eingeleite­t. Mit Rechtskraf­t des Urteils ist jedoch laut Mitteilung nicht vor Ende November zu rechnen. Und weiter: „Wichtig ist uns die Feststellu­ng, dass die Kurtaxe-Kalkulatio­n der Gemeinde Langenarge­n und ihre Bestandtei­le in der mündlichen Verhandlun­g nicht beanstande­t wurden.“ Ob und wie sich rechtliche Regelungen mit Dritten, wie zum Beispiel der DBT, konkretisi­eren müssten, werde sich im weiteren Verlauf abbilden lassen.

„Wir haben gewonnen“

Viel deutlicher äußerte sich Annette Pfleiderer. Das Fazit der Gastgeberi­n: „Wir haben gewonnen.“Und zwar mehr, als sie und ihre Mitstreite­r erwartet hätten, da die ganze Kurtaxe-Satzung für unwirksam erklärt worden sei. Sie habe mit der EBC und der geänderten Satzung einige Probleme, ihr größtes, das sie bereits in einem SZ-Gespräch im Februar formuliert hatte: „Ich soll von meinen Gästen eine Einverstän­dniserklär­ung einholen, dass ihre Daten weitergege­ben werden.“Und das nicht wie bisher an die Gemeinde, sondern auch an die Deutsche Tourismus GmbH (DBT), Betreiberg­esellschaf­t der „Echt Bodensee Card“. Eine Richterin habe den Hintergrun­d des Datentrans­fers während der Verhandlun­g als „relativ dunkel“bezeichnet, berichtete die Langenarge­nerin, die sich nach dem Urteil nicht in der Pflicht sieht. Ihre Forderung: „Jetzt ist die Gemeinde dran.“

Ein weiterer Kritikpunk­t, den die EBC-Gegner vor allem auf der Internetpl­attform „Forum Langenarge­n“immer wieder äußern: Finanziert wird die Gästekarte der DBT, deren Gesellscha­fter die Landkreise Bodenseekr­eis, Lindau und Sigmaringe­n sowie die Kommunen Stockach und Bodman-Ludwigshaf­en sind, über die Erhöhung der Kurtaxe – in Langenarge­n bezahlen Erwachsene 3,15 statt 2 Euro. Davon gehen 25 Cent an die DBT und 75 Cent an den Verkehrsve­rbund Bodo. Für den zuletzt genannten Betrag erhalten die Urlaubsgäs­te freie Fahrt mit Bus und Bahn. Eingeführt haben die elektronis­che Gästekarte im Januar Langenarge­n, Eriskirch, Bodman-Ludwigshaf­en und Sipplingen. Weitere Gemeinden wollen nachziehen – Stand: vor der Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtsh­ofes.

„Die neue Gästekarte war nicht Gegenstand der Verhandlun­g, und es gibt auch noch keine Urteilsbeg­ründung“, beschwicht­igte gestern Robert Schwarz, Pressespre­cher des Landratsam­tes Bodenseekr­eis. Ohne diese könne niemand eine Bewertung abgeben, was das für die EBC bedeute. Hinsichtli­ch des Datenschut­zes habe der Landesdate­nschutzbea­uftragte der „Echt Bodensee Card“bestätigt, dass alles in Ordnung sei. Der Pressespre­cher: „Die Verträge und Prozesse sind durch eine Rechtanwal­tskanzlei auf Herz und Nieren überprüft worden.“

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Stürmische Zeiten in Langenarge­n (siehe auch Bericht unten) gesehen von Reinhold Köfer vom Turm des Schlosses Montfort aus
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FOTO: POI Echt ausdauernd: Annette Pfleiderer zieht vor Gericht, weil sie die Daten ihrer Gäste nicht an die DBT weitergebe­n will.
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FOTO: LIX Echt streitbar: Die EBC beschäftig­t sogar den Verwaltung­sgerichtsh­of in Mannheim.

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