Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
30 Jobs in 180 Tagen
Das Allgäu sucht auf spezielle Art und Weise nach Fachkräften
MEMMINGEN - Das Allgäu sucht seit Jahren händeringend nach Fachkräften. Nun wird dort ein neuer Weg der Werbung beschritten. Die regional einflussreiche Marketing- und Standortorganisation Allgäu GmbH hat sich den Jobhopper einfallen lassen. Eine Person soll innerhalb eines halben Jahres 30 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen erleben. Ausgewählt wurde Annabelle Klage, eine 25-jährige Studentin der Hochschule Stralsund. Sie wird während ihres Engagements laufend im Internet über ihre Erfahrungen berichten. Die Allgäu GmbH erhofft sich so einen großen Widerhall im Kreis des Zielpublikums in Form von jüngeren Fachkräften.
Das Allgäu gehört zu den wirtschaftlich erfolgreichen Landstrichen in Deutschland – so wie auch der benachbarte Bodenseeraum und Oberschwaben. Das Problem: Fachkräfte fehlen. Weshalb bereits früher Werbekampagnen bei Jobbörsen veranstaltet wurden. Politisch wird beispielsweise bereits länger der Ausbau der Kemptener Hochschule gefördert, um junge Allgäuer schon fürs Studium in ihrer Heimat zu halten.
Der Jobhopper fällt letztlich in diese sehr lange Reihe von Rekrutierungsversuchen. Den Leuten müsse klargemacht werden, dass „das Allgäu ein toller Ort zum Arbeiten ist, dass es hier tolle Unternehmen und Jobs gibt“, betont Allgäu-GmbH-Geschäftsführer Klaus Fischer am Dienstagmorgen bei der Vorstellung des Jobhoppers. Als Ort war hierfür die Halle der Memminger Flughafenfeuerwehr ausgesucht worden.
Grundsätzlich dürfte der Flughafen als Ortswahl kein Zufall gewesen sein: In Wirtschaftskreisen gilt er als Instrument für eine Attraktivitätssteigerung des Allgäus. Zudem ist der Flughafen an der Jobhopper-Aktion beteiligt. Airport-Geschäftsführer Ralf Schmid sagte, er werde Jobhopperin Klage in der Verkehrsleitung einsetzen. In diesem Bereich würde sie am meisten vom Flughafenbetrieb mitbekommen. Das Jobhopping dauert von Oktober bis April. Die Spannbreite der Unternehmen geht vom Flughafen bis hin zu einer Paragliding-Schule, vom Pflegebereich über ein Festspielhaus bis zu einem Betrieb der Logistikbranche. Annabelle Klage wird jeweils zwei Tage in einem Unternehmen sein. Danach soll die Studentin das Erlebte in Text, Bild und Video medial aufbereiten. Ihre Erfahrungen werden im Blog „Jobchallange Allgäu“nachzulesen sein. Sie begreift den Jobhopper als die Herausforderung ihres Lebens. Als Motivation für ihre Bewerbung gibt sie an: „Mein Motto lautet Abwechslung. Ich möchte so viel sehen von der Welt wie möglich und so viele Jobs wie möglich ausprobieren.“
Kindheit und Jugend hat Klage vor allem in Hamburg verbracht. Das Allgäu ist ihr aber nicht unbekannt. Als Kind lebte sie mit den Eltern ein Jahr in Füssen. Hinzu kämen Urlaubsaufenthalte, berichtet sie. Für den Jobhopper legt Klage extra ein Urlaubssemester in ihrem Studiengang „Management von kleinen mittelständischen Unternehmen“ein. Wie Stefan Egenter, Marketingleiter der Allgäu GmbH, berichtet, hätten sich neben Klage noch knapp hundert weitere Personen beworben. Ausschlaggebend für die Wahl der jungen Frau scheint ihre Praxis bei Internetauftritten gewesen zu sein.
Enorme Resonanz
Egenter erzählt jedoch, dass die Auswahl „sehr schwer war“. Es hätten sich selbst Leute beworben, die für den Jobhopper „ihren festen Beruf aufgeben wollten“. Der Marketingexperte zeigt sich bereits mit der bisherigen Wirkung der Aktion zufrieden: „Allein mit der Bewerbungsausschreibung im Internet haben wir rund 800 000 Personen erreicht.“ Rund 70 Prozent der Kandidaten sei weiblich gewesen. Der Altersdurchschnitt habe 30 Jahre betragen.
Nach den Angaben von Egenter ist es das erste Mal, dass es im deutschsprachigen Raum eine solche Aktion gebe. Er stellt sich durch den Jobhopper eine Erweiterung des Allgäu-Images vor. Fachkräfte sollten auf die „Wirtschaftsregion Allgäu“aufmerksam werden. „Leben, Arbeiten und Urlauben im ländlichen Raum“werde als etwas ausgesprochen Positives vermittelt. Egenter sagt, er sei bei der Vorbereitung auf sehr viel Entgegenkommen der Betriebe gestoßen. So könne auch das ganze Arbeitsplatzspektrum im Allgäu in Szene gesetzt werden.
Weitere Informationen und die Blog-Beiträge gibt es unter