Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Armut bekämpfen, fair bezahlen
Podiumsdiskussion zum Thema „8 Millionen wollen leben – Gemeinwohl statt Egoismus“
FRIEDRICHSHAFEN - Im Haus der kirchlichen Dienste haben am Montagabend, sieben Tage vor der Bundestagswahl, die Katholische Erwachsenenbildung Bodenseekreis, die Betriebsseelsorge BodenseekreisOberschwaben und Attac eine Podiumsdiskussion mit den Kandidaten der Region veranstaltet. Mit dabei waren Lothar Riebsamen (CDU), Claudia Haydt (Die Linke), Markus Böhlen (Grünen) und Leon Hahn (SPD). Sie äußerten sich zum Thema „8 Millionen wollen leben – Gemeinwohl statt Egoismus“.
„Armut im reichen Land“war das erste Zwischenthema, das durch Diakon Ulrich Föhr eingeführt wurde. „In meiner Sprechstunde kommen Menschen, die in Friedrichshafen leben und arm sind“, sagte er. Die meisten davon seien arbeitslos oder alleinerziehend. Bei der Frage, wie die Politik damit umgeht, waren sich die Kandidaten einig: Man müsse etwas gegen die Armut in Deutschland tun, vor allem im Bereich Mindestlohn und Kindergeld. Claudia Haydt nannte zwölf Euro als eine neue Grenze des Mindestlohns, um Armut vorzubeugen. Gegensätzliche Ansichten über die geplante Anhebung des Kindergeldes traten zwischen Lothar Riebsamen und Markus Böhlen auf. Bei der gleichzeitigen Anhebung der Kinderfreibeträge würden die unteren und mittleren Einkommen nicht davon profitieren, so der Kandidat der Grünen. Leon Hahn versprach, das Kindergeld für Alleinerziehende zu erhöhen und eine gebührenfreie Bildung. Äußerungen aus dem Publikum brachten den Aspekt der Steuerzahlung in den Mittelpunkt gerade im Falle von Hartz IV-Empfängern ein Problem, wenn sie durch einen Minijob etwas dazu verdienen oder Weihnachtsgeld bekommen und Teile davon durch die Steuer abgezogen werden.
Menschenwürdiges Leben
Im folgenden Diskussionsbereich „Faires Wirtschaften“stellte Anna Nägele von „Eine Welt“das Problem dar: „Wir verstehen unter fairem Wirtschaften, dass für ein menschenwürdiges Dasein aller am Handel Beteiligten gesorgt wird.“Wie setzt sich die Politik für menschenwürdige Arbeitsrechte ein?, so ihre Fragestellung an die Kandidaten, die sich in den Antworten relativ einig waren. Böhlen meinte: „Wir wollen fair bezahlt werden und das soll auch für andere gelten“. Für Leon Hahn war das Thema ebenfalls klar. Er verwies auf gute Handelsabkommen, genauso wie Claudia Haydt von den Linken. Unternehmerische Freiheiten dürften nicht über den Menschen und die Ökologie gesetzt werden.
Zum letzten Thema „Klimawandel und Energiepolitik“äußerte sich Michael Wlaka von Greenpeace. Ho- he Zahlen beim Kohlendioxid-Ausstoß, überschrittene Grenzwerte bei Dieselfahrzeugen und der ausbleibende Boom der erneuerbaren Energien lösten die Frage nach politischen Maßnahmen im Bereich Klimawandel aus. „Man muss sich auf den Weg machen“, so Markus Böhlen. Bis zum Jahre 2030 setzten sich die Grünen dafür ein, dass die dreckigsten Kohlekraftwerke ausgeschaltet werden. E-Mobilität sei ein Ausweg, aber auch das Fahrrad. Dazu müsse in die Radinfrastruktur investiert werden. „Wir wollen die Energiewende weiter beschleunigen“, sagte Riebsamen und verwies darauf, dass ein Drittel aller erneuerbaren Energien in den letzten vier Jahren unter der jetzigen Bundesregierung entstanden seien.
Bei allen Kandidaten spielte das Stichwort Dezentralisierung bei der Energiewende, die die einzelnen Kommunen in ihrer Verantwortung sieht, eine wichtige Rolle. Am Ende des Abends forderten die Moderatoren des Abends, Werner Langenbacher und Lothar Plachetka, die Anwesenden auf: „Gehen Sie zur Wahl.“