Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Bei mir wissen Sie, wo Sie dran sind“
Bürgergespräch in kleiner Runde im „Adler“in Hefigkofen – Reinhard Friedel will kein Karl-Heinz Beck 2.0 sein
OBERTEURINGEN - Zu seinem ersten öffentlichen Bürgergespräch hatte Reinhard Friedel am Dienstagabend ins Gasthaus „Adler“nach Hefigkofen eingeladen. Nach drei Kandidatenrunden im Saal der „Post“mit Hunderten Teilnehmern war das Interesse, den Bürgermeisterkandidaten kennenzulernen, nicht mehr groß. Dafür war das Gespräch mit den 15 Teilnehmern umso lebendiger und höchst entspannt. Integriert, engagiert und kompetent – mit diesen Prädikaten will Friedel punkten.
Ihn kennen alle und alle kennen ihn. „Bei mir wissen Sie, wo Sie dran sind“, sagte der 45-Jährige, der mit fünf Geschwistern in Oberteuringen aufgewachsen ist und sich in vielen Bereichen ehrenamtlich engagiert. Friedel war Schriftführer des Sportvereins Oberteuringen und der Narrenzunft Bitzenhofen, saß 16 Jahre für die CDU im Gemeinderat und hat bis heute den Vorsitz der Bürgerstiftung inne. Aus beruflichen Gründen habe er in den vergangenen Jahren etwas das Gas herausgenommen, sagte Friedel und führte vor Augen, was er als ehemaliger Leiter des Jobcenters und stellvertretender Sozialdezernent im Landratsamt und ab 2015 als Leiter des Amtes für Bildung, Familie und Sport der Stadt Friedrichshafen zu bewältigen habe. Mit circa 200 Mitarbeitern führe er das größte Amt im Häfler Rathaus und sei zuständig für alles was Oberteuringen im Kleinen habe: Schulen, Sport, Freizeit, Hallen, Vereine, Jugend. Die Budgets, die er aktuell verwalte, überstiegen den Teuringer Haushalt bei Weitem – 35 Millionen Euro Investitionen in Schulen in den kommenden Jahren, 25 Millionen Euro für den Betrieb der 40 Kitas pro Jahr und der Neubau eines Sportbades für 38 Millionen Euro seien eine ganz andere Liga. Dennoch profitiere auch Oberteuringen davon.
120 Teuringer Schüler pendeln nach Angaben von Friedel täglich in weiterführende Schulen nach Friedrichshafen, und von Teuringen aus ins neue Sportbad seien es kaum 15 Minuten. „Aber auch wir haben unser kleines Freibad bei der Rotachinsel“– ein Schmuckstück, das vom Bauhof sorgsam gehegt und gepflegt werde, scherzte Friedel. 30 Jahre Erfahrung in den zwei größten Verwaltungen im Bodenseekreis könne er als Bürgermeister einbringen, was nicht zum Schaden der Gemeinde wäre. Er werde als Schultes authentisch bleiben, sich nicht verbiegen und sei auch kein „Karl-Heinz Beck 2.0“. Er stehe zur CDU, doch die Partei spiele im Wahlkampf keine Rolle. „Neutralität ist für mich selbstverständlich“, so Friedel. „Wenn ich den Hut des Bürgermeisters aufhabe, dann geht es um das Wohl der Gemeinde und nicht um Einzelinteressen“. Filz und Vetterleswirtschaft werde es mit ihm nicht geben.
Sein Wahlprogramm mit den drei Topthemen – Neubau Schule, Lebensraum-Campus und Bürgerbeteiligung – könne jeder seit April auf seiner Homepage im Internet nachlesen. Da formuliere er konkrete Ziele, die er mit den Bürgern diskutieren und anpacken möchte. Im „Adler“legte Friedel den Fokus auf Hefigkofen und die Ortsteile. Weil in den vergangenen Jahren die Musik im Hauptort spielte – Baugebiete Pfaffenberg-Süd, Bachäcker, Campus, Sanierung der Sporthalle und Erweiterung des Edeka – seien diese etwas zu kurz gekommen.
Schule muss zukunftsfähig sein
Das fängt bei der Straßenbeleuchtung an, die Richtung Hefigkofen und Neuhaus ganz fehlt und die in Oberteuringen länger brennt als in Bitzenhofen. „Mit einem relativ geringen Aufwand könnte man das ändern“, sagte Friedel. Auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sei schlecht, klagten Teilnehmer. Von Neuhaus aus komme man nur einmal pro Tag mit dem Bus weg, und im Bus nach Ravensburg gingen regelmäßig die Sitzplätze aus, sodass schon ab Dürnast die Leute stehen müssten oder gar nicht mehr zusteigen können. Von Oberteuringen nach Friedrichshafen gebe es zwar einen Stundentakt, und in Stoßzeiten fahren auch Verstärkerbusse, sagte Friedel, aber abends ins Kino gehe nicht. Ob das Ruftaxi im Abendverkehr die Lücke schließen könne, würde er prüfen und Verbesserungen in die Wege leiten. Um einen Spielplatz in Hefigkofen, um den Brunnen, der seit Jahren im Bauhof lagert und die Glocke bei Schmähs würde er sich kümmern. Auch die Vorschläge, Tempo 30 auf der Kornstraße einzuführen und die Einmündung auf die B 33 am „Adler“mit einer richtigen Ampel auszustatten, nehme er auf.
Schulden nicht gleich Schulden
Auf die Frage, wie die Gemeinde den Schulhausneubau und die Aufrüstung der Kläranlage finanziell stemmen wolle, gab Friedel eine differenzierte Antwort. Die Kläranlage sei Gebühren finanziert, das heißt die Schulden seien rentierlich und kalkulierbar. Der Schulhausbau sei ohne Kredite nicht umzusetzen, aber die Gemeinde stehe finanziell nicht so schlecht da. „Wir brauchen eine zukunftsfähige Schule“, sagte Friedel, und dazu gehöre auch eine Aula. Er würde als Bürgermeister prüfen, ob man eine solche nicht doch verwirklichen könnte. „In zehn Jahren sagt man unter Umständen: Hätten wir’s doch gleich gemacht“. Eine Aula hätte ja auch eine öffentliche Funktion und könne für außerschulische Veranstaltungen genutzt werden.
Nach weiteren Fragen zum Radweg Richtung Urnau, zum Bebauungsplan Oberteuringen-Mitte, zum Verkehr allgemein und Parkplätzen im Besonderen endete das Bürgergespräch nach knapp zwei Stunden. Weil das Amtsblatt seine Anzeige mit den Ankündigungen der Bürgergespräche vermasselt hatte, er sich die Kosten dafür also sparen könne, und weil er sich über jeden, der dennoch gekommen sei, gefreut habe, übernehme er heute die Getränke, lautete das Schlusswort von Friedel.