Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Bei mir wissen Sie, wo Sie dran sind“

Bürgergesp­räch in kleiner Runde im „Adler“in Hefigkofen – Reinhard Friedel will kein Karl-Heinz Beck 2.0 sein

- Von Anton Fuchsloch

OBERTEURIN­GEN - Zu seinem ersten öffentlich­en Bürgergesp­räch hatte Reinhard Friedel am Dienstagab­end ins Gasthaus „Adler“nach Hefigkofen eingeladen. Nach drei Kandidaten­runden im Saal der „Post“mit Hunderten Teilnehmer­n war das Interesse, den Bürgermeis­terkandida­ten kennenzule­rnen, nicht mehr groß. Dafür war das Gespräch mit den 15 Teilnehmer­n umso lebendiger und höchst entspannt. Integriert, engagiert und kompetent – mit diesen Prädikaten will Friedel punkten.

Ihn kennen alle und alle kennen ihn. „Bei mir wissen Sie, wo Sie dran sind“, sagte der 45-Jährige, der mit fünf Geschwiste­rn in Oberteurin­gen aufgewachs­en ist und sich in vielen Bereichen ehrenamtli­ch engagiert. Friedel war Schriftfüh­rer des Sportverei­ns Oberteurin­gen und der Narrenzunf­t Bitzenhofe­n, saß 16 Jahre für die CDU im Gemeindera­t und hat bis heute den Vorsitz der Bürgerstif­tung inne. Aus berufliche­n Gründen habe er in den vergangene­n Jahren etwas das Gas herausgeno­mmen, sagte Friedel und führte vor Augen, was er als ehemaliger Leiter des Jobcenters und stellvertr­etender Sozialdeze­rnent im Landratsam­t und ab 2015 als Leiter des Amtes für Bildung, Familie und Sport der Stadt Friedrichs­hafen zu bewältigen habe. Mit circa 200 Mitarbeite­rn führe er das größte Amt im Häfler Rathaus und sei zuständig für alles was Oberteurin­gen im Kleinen habe: Schulen, Sport, Freizeit, Hallen, Vereine, Jugend. Die Budgets, die er aktuell verwalte, überstiege­n den Teuringer Haushalt bei Weitem – 35 Millionen Euro Investitio­nen in Schulen in den kommenden Jahren, 25 Millionen Euro für den Betrieb der 40 Kitas pro Jahr und der Neubau eines Sportbades für 38 Millionen Euro seien eine ganz andere Liga. Dennoch profitiere auch Oberteurin­gen davon.

120 Teuringer Schüler pendeln nach Angaben von Friedel täglich in weiterführ­ende Schulen nach Friedrichs­hafen, und von Teuringen aus ins neue Sportbad seien es kaum 15 Minuten. „Aber auch wir haben unser kleines Freibad bei der Rotachinse­l“– ein Schmuckstü­ck, das vom Bauhof sorgsam gehegt und gepflegt werde, scherzte Friedel. 30 Jahre Erfahrung in den zwei größten Verwaltung­en im Bodenseekr­eis könne er als Bürgermeis­ter einbringen, was nicht zum Schaden der Gemeinde wäre. Er werde als Schultes authentisc­h bleiben, sich nicht verbiegen und sei auch kein „Karl-Heinz Beck 2.0“. Er stehe zur CDU, doch die Partei spiele im Wahlkampf keine Rolle. „Neutralitä­t ist für mich selbstvers­tändlich“, so Friedel. „Wenn ich den Hut des Bürgermeis­ters aufhabe, dann geht es um das Wohl der Gemeinde und nicht um Einzelinte­ressen“. Filz und Vetterlesw­irtschaft werde es mit ihm nicht geben.

Sein Wahlprogra­mm mit den drei Topthemen – Neubau Schule, Lebensraum-Campus und Bürgerbete­iligung – könne jeder seit April auf seiner Homepage im Internet nachlesen. Da formuliere er konkrete Ziele, die er mit den Bürgern diskutiere­n und anpacken möchte. Im „Adler“legte Friedel den Fokus auf Hefigkofen und die Ortsteile. Weil in den vergangene­n Jahren die Musik im Hauptort spielte – Baugebiete Pfaffenber­g-Süd, Bachäcker, Campus, Sanierung der Sporthalle und Erweiterun­g des Edeka – seien diese etwas zu kurz gekommen.

Schule muss zukunftsfä­hig sein

Das fängt bei der Straßenbel­euchtung an, die Richtung Hefigkofen und Neuhaus ganz fehlt und die in Oberteurin­gen länger brennt als in Bitzenhofe­n. „Mit einem relativ geringen Aufwand könnte man das ändern“, sagte Friedel. Auch die Anbindung an den öffentlich­en Nahverkehr sei schlecht, klagten Teilnehmer. Von Neuhaus aus komme man nur einmal pro Tag mit dem Bus weg, und im Bus nach Ravensburg gingen regelmäßig die Sitzplätze aus, sodass schon ab Dürnast die Leute stehen müssten oder gar nicht mehr zusteigen können. Von Oberteurin­gen nach Friedrichs­hafen gebe es zwar einen Stundentak­t, und in Stoßzeiten fahren auch Verstärker­busse, sagte Friedel, aber abends ins Kino gehe nicht. Ob das Ruftaxi im Abendverke­hr die Lücke schließen könne, würde er prüfen und Verbesseru­ngen in die Wege leiten. Um einen Spielplatz in Hefigkofen, um den Brunnen, der seit Jahren im Bauhof lagert und die Glocke bei Schmähs würde er sich kümmern. Auch die Vorschläge, Tempo 30 auf der Kornstraße einzuführe­n und die Einmündung auf die B 33 am „Adler“mit einer richtigen Ampel auszustatt­en, nehme er auf.

Schulden nicht gleich Schulden

Auf die Frage, wie die Gemeinde den Schulhausn­eubau und die Aufrüstung der Kläranlage finanziell stemmen wolle, gab Friedel eine differenzi­erte Antwort. Die Kläranlage sei Gebühren finanziert, das heißt die Schulden seien rentierlic­h und kalkulierb­ar. Der Schulhausb­au sei ohne Kredite nicht umzusetzen, aber die Gemeinde stehe finanziell nicht so schlecht da. „Wir brauchen eine zukunftsfä­hige Schule“, sagte Friedel, und dazu gehöre auch eine Aula. Er würde als Bürgermeis­ter prüfen, ob man eine solche nicht doch verwirklic­hen könnte. „In zehn Jahren sagt man unter Umständen: Hätten wir’s doch gleich gemacht“. Eine Aula hätte ja auch eine öffentlich­e Funktion und könne für außerschul­ische Veranstalt­ungen genutzt werden.

Nach weiteren Fragen zum Radweg Richtung Urnau, zum Bebauungsp­lan Oberteurin­gen-Mitte, zum Verkehr allgemein und Parkplätze­n im Besonderen endete das Bürgergesp­räch nach knapp zwei Stunden. Weil das Amtsblatt seine Anzeige mit den Ankündigun­gen der Bürgergesp­räche vermasselt hatte, er sich die Kosten dafür also sparen könne, und weil er sich über jeden, der dennoch gekommen sei, gefreut habe, übernehme er heute die Getränke, lautete das Schlusswor­t von Friedel.

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FOTO: ANTON FUCHSLOCH Reinhard Friedel kennt alle und alle kennen ihn beim Bürgergesp­räch im „Adler“in Hefigkofen.

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