Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Politik sucht mehr Nähe zu den Wählern
Die Kreisvorsitzenden der Parteien geben erste Antworten zur künftigen Arbeit
FRIEDRICHSHAFEN - Der Bundestag ist gewählt, die Katerstimmung in den Kreis-Vorständen von CDU, Grünen, SPD, FDP und der Linken ist noch nicht verklungen. Die Kreisvorsitzenden der genannten Parteien blicken aber nach vorne, suchen die Nähe zu den Wählern.
Von der „Begräbnisstimmung“angesichts der Bundesergebnisse hin zu weniger schlechten Nachrichten aus dem Bodenseekreis berichtet der CDU-Kreisvorsitzender Volker MayerLay. Im Kreis habe die CDU ein deutlich besseres Ergebnis erzielt als auf Bundesebene. Die Verhandlungen zur Jamaika-Koalition bezeichnet er als schwierig, „es bleibt aber nichts anderes übrig“. Im Bodenseekreis will er das Profil der Partei schärfen und das zusammen mit der Parteibasis, mit der es Anfang 2018 einen „Inhaltsparteitag“geben soll. Mitglieder sollen an der Partei mitschreiben. Die Kommunikation mit Wählern müsse verbessert werden.
Auch Andrée Störk, Kreisvorstandsmitglied
der Grünen, ist mit dem Ergebnis auf Kreisebene zufrieden. Eine Jamaika-Koalition kann sie sich nur schwer vorstellen, das gehe mit der CSU kaum. Sollte eine solche zustande kommen, rechnet Andrée Störk mit einigen Austritten. „Aber das ist nur eine Mutmaßung, vielleicht klappt es ja.“Die Grünen müssten jetzt den Osten angehen. Dort müssten die Menschen überzeugt werden, auch wenn das harte Arbeit sein werde. Was sie auf jeden Fall ablehnt, sind Flügelkämpfe in der eigenen Partei, die würden zu nichts führen. Sie setzt eher darauf, dass sich die AfD selbst zerfleische.
Fragen, aber auch Antworten hat Dieter Stauber, Kreisvorsitzender der SPD.
Im Kreisvorstand und in den Mitgliederversammlungen müsse das Ergebnis jetzt aufgearbeitet werden, das sicher schlechter ist, als jemals befürchtet. Das aber gelte für die Union gleichermaßen. Warum Kandidat Leon Hahn inhaltlich nicht punkten konnte, ist ihm nicht klar. Stauber analysiert für sich das AfDErgebnis als Ausdruck von Protest . „Die Mehrheit der AfD-Wähler haben aus Protest diese Partei gewählt und diese Wähler kann man zurückgewinnen. Dafür die eigene Partei gleich neu erfinden zu müssen, hält er für zu weit gegriffen, „wir müssen einfach bessere Politik machen“, sagt Stauber. Einen Grundsatz will er auch künftig beibehalten, ihn aber auch vermitteln. „Wir dürfen nie aufhören, uns um die Menschen und Wähler zu kümmern. Nur müssen die das auch mitbekommen.“Die AfD habe sich überhaupt nicht um die Belange hier vor Ort gekümmert, aus dem Stand aber so viele Stimmen aus der Region erhalten.
Freude über das gute Ergebnis vor Ort und Bedenken zu den Koalitionsverhandlungen zeigt FDPKreisvorstand Hans-Peter Wetzel. Diese hält er aber für überaus wichtig. „Es wird schwierig werden zwischen den vier Verhandlungspartnern.“Wetzel sieht da nicht allein die beiden Pole, Grüne und CSU, sondern betrachtet die Verhandlungen aus Sicht der Freien Demokraten. Die FDP habe Probleme mit den von den Grünen favorisierten Geboten und Verboten. Gleichzeitig lägen in Sachen Vorratsdatenspeicherung und Überwachung sowie Kontrolle tiefe Gräben zwischen den Liberalen und der CSU. „Wir müssen aber miteinander reden. Wir sind schließlich nicht im Sandkasten“, sagt Hans-Peter Wetzel und wundert sich zugleich, warum angesichts der Verluste von CDU und CSU niemand Angela Merkel oder Horst Seehofer infrage stelle.
Mehr erwartet hätte Detlef Boehnert, Kreisvorstand der Linken. Die Kandidatin Claudia Haydt habe gut gekämpft, auch wenn sich die Hoffnung auf ein Ausgleichsmandat noch am Dienstag in Luft aufgelöst hat. Das Ergebnis im Bodenseekreis führt Detlef Boehnert auf die gute Ratsarbeit in den Kreis-Kommunen zurück. Er setzt auf die Fortsetzung der Arbeit und die Ansprache der wichtigen Themen, die den Menschen auf dem Herzen lägen. Sozialer Wohnungsbau sei eines der ganz wichtigen Themen, die zu behandeln seien. Zur Kommunalwahl will die Linke wieder ihre Listen aufstellen und kandidieren, um in den Räten vertreten zu sein.