Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Angeklagte­r habe dem Opfer Strick um den Hals gelegt

Berger Mordprozes­s: Oberstaats­anwalt Diehl sieht Prozessver­schleppung

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RAVENSBURG (ric) - Überrasche­nde Wendung beim Berger Mordprozes­s: Erstmals hat der Angeklagte zugegeben, im Tathaus im Berger Ortsteil Weiler gewesen zu sein und seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau einen Strick im Heizungske­ller um den Hals gelegt zu haben. Er habe auch zugezogen, aber nicht so stark, dass sie gewürgt wurde. Was danach geschah, wisse er nicht, weil er den Raum verlassen habe. So äußerte sich der 46-jährige Beschuldig­te gegenüber dem psychologi­schen Gutachter Hermann Aßfalg. Dass er die Frau getötet habe, wies er von sich.

So verging der nunmehr 26. Verhandlun­gstag in diesem Prozess vor dem Landgerich­t Ravensburg, in dem dem Mann vorgeworfe­n wird, seine Frau ermordet und dies als Suizid getarnt zu haben, ohne ein Urteil. Denn eigentlich wäre dies zu erwarten gewesen, nachdem bereits in der Verhandlun­g am Mittwoch die Staatsanwa­ltschaft in einem nicht öffentlich­en Plädoyer lebensläng­lich forderte und die besondere Schwere der Schuld sieht (20 Jahre).

Eigentlich hätte es am Freitagmor­gen mit dem Plädoyer der Verteidigu­ng weitergehe­n sollen, doch dann gab es erneut einen Antrag der Verteidigu­ng: Der Beschuldig­te wolle Angaben zur besagten Nacht (von 9. auf 10. Juli 2016) machen, allerdings nur gegenüber dem Gutachter Aßfalg, der dies dann dem Gericht gegen 16.30 Uhr nach zwei Unterbrech­ungen vortrug. Außerdem schilderte er, was ihm der Angeklagte von seinem Seelenlebe­n und der Vorgeschic­hte berichtete. Er habe unter großem Druck im Berufslebe­n gestanden und habe unter großen Ängsten gelitten. Seine Frau sei fremdgegan­gen, man habe überall über sie geredet.

Aßfalg gab in seinem Bericht auch eine Einschätzu­ng zur Tat und zu dem ihm Erzählten: Er könne nicht feststelle­n, dass es bei den Handlungen, von denen der Beschuldig­te berichtet habe, Beeinträch­tigungen durch Alkohol oder Drogen gegeben habe. (Plötzlich sprach der Angeklagte davon, er habe nachts „Pillen“genommen, die er von Unbekannte­n kaufte.) Zudem wirke das Geschilder­te auf Aßfalg „sehr konstruier­t“.

Nach der Schließung der Beweisaufn­ahme durch den Vorsitzend­en Richter Jürgen Hutterer, folgte ein ergänzende­s Plädoyer von Oberstaats­anwalt Karl-Josef Diehl, in dem er sich seinem ersten anschloss. Ein Plädoyer der Verteidigu­ng gab es nicht, auch wenn Rechtsanwa­lt Hans Bense sagte, er habe es vorbereite­t. Er kündigte einen weiteren Antrag an. Richter Hutterer wies energisch auf das Beschleuni­gungsgebot hin, zog in Betracht, auch samstags zu verhandeln, und Oberstaats­anwalt Diehl warf Bense sogar Prozessver­schleppung vor. Dann brachte der Angeklagte urplötzlic­h eine Anschuldig­ung ein: Im Gefängnis kursierten Geheimniss­e, die nur sein vorheriger Verteidige­r wissen hätte können, warf diesem Verletzung des Mandatsgeh­eimnisses vor, zudem habe dieser Informatio­nen der Staatsanwa­ltschaft weitergege­ben. Beweise wolle er nächstes Mal mitbringen.

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