Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Chöre schallen durch Gemeindehaus
Kantorei, Jugendkantorei und Gospelchor der Schlosskirche proben Pop-Oratorium „Luther“
FRIEDRICHSHAFEN - Noch nie haben alle Chöre der Schlosskirche in einem Projekt zusammen gesungen, daher ist es allein schon ein besonderes Ereignis, wenn am 6. und 7. Oktober rund 130 Mitwirkende um den Altar stehen werden. Ein mitreißendes Ereignis wird es sein, wenn sie mit vereinter Kraft das Pop-Oratorium „Luther“singen, das bundesweit schon zig Tausende begeistert hat.
Auf der Suche nach einem passenden Stück im Lutherjahr für seine Kantorei ist Kirchenmusikdirektor Sönke Wittnebel auf das in Kooperation mit der Evangelischen Kirche in Deutschland entstandene Pop-Oratorium des Erfolgsduos Michael Kunze und Dieter Falk gestoßen. Ein Projekt, das seit seiner Dortmunder Uraufführung im November 2015 zuerst bundesweit in den Großstädten mit jeweils Tausenden von Mitwirkenden aufgeführt wurde und erst danach für die Aufführung durch Gemeinden freigegeben wurde.
Während Wittnebel zuerst Stücke für die einzelnen Chöre gesucht hatte, sind nun alle eingebunden in das große Projekt, alle singen erstmals zusammen, und er ist stolz, dass er auch die rund zwanzig Solopartien des Oratoriums völlig aus seinen Chören heraus besetzen kann.
Eine wahre Freude war es, am Samstagnachmittag, als erstmals alle Mitwirkenden im evangelischen Gemeindehaus zusammenkamen, die Begeisterung zu erleben, mit der Jung und Alt gesungen und gespielt hat. Ein unterhaltsames und zeitgemäßes Werk wollte das Autorenduo schaffen. Die Figuren aus Luthers Zeit, ob Kaiser, Banker, Mönch oder Luther selbst, sollen lebendig werden, daher lässt Wittnebel auf einer kleinen Bühne vor den Chören auch Spielszenen stattfinden. Da nun eine Live-Band den zur Verfügung stehenden Raum gesprengt hätte, lässt Wittnebel die Musik playback einspielen, dafür sorgen Profis für Ton und Licht.
Doch zurück ins Gemeindehaus, wo der junge Kaiser Karl schon mit Goldkette und Goldgürtel dasitzt, eine dicke Krone auf dem Shirt glänzt im Licht, selbst die Schuhe haben goldene Zungen. Der Reichstag zu Worms steht bevor und die Menschen rütteln aufgeregt am Absperrband: „Die ganze Welt ist hier zu Gast, es wird regiert und intrigiert.“Und Luther? „Wie sieht er aus, wie redet er, ist er verlor’n, wird ihm verzieh’n?“Aus allen Kehlen ruft’s: „Er kommt, er kommt!“Wittnebel ist fast zufrieden: „Es soll spontan, aber etwas koordinierter sein.“Weiter geht’s mit einem Blick auf den Buchdruck, der Luthers Ideen verbreiten hilft: „Multiplikation ist die Zukunft, jedes Buch ein Sprengsatz!“
Wittnebel ist verblüfft über die Aktualität, die hier offenbar wird: Welche Parallelität zur heutigen Macht der Medien! Nach und nach habe er sich in das Stück verguckt: „Die Texte sind gut, die Sprache kommt genau aus unserer Zeit. Luthers Durchbruch zur inneren Erkenntnis ist gut auf den Punkt gebracht, die musikalische Umsetzung sehr gut durchdacht.“Jedenfalls hat sich schon in der Probe ein unwiderstehlicher Sog entwickelt, die Chöre zünden.
Die Aufführungen finden am 6. und 7. Oktober jeweils um 19 Uhr in der Schlosskirche Friedrichshafen statt. Tickets unter reservix und an der Abendkasse.