Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Als Zugabe gibt es Tomatensalat fürs Publikum
Münch & Sauer präsentieren ein etwas ungewöhnliches, aber anspruchsvolles Theaterkabarett
OBERTEURINGEN - Hanna Münch und Heike Sauer aus Ulm haben am Samstag im Kulturhaus „Mühle“mit ihrem Programm „Schöne Aussicht“ein anspruchsvolles, aber auch etwas ungewöhnliches Theaterkabarett präsentiert. Verpackt in ständig wechselnden Kostümen, Gesang und Tanz gewährten sie Ein- und Ausblicke in gesellschaftspolitische Themen wie Flüchtlingskrise, Wirtschaftsdebakel oder digitale Revolution 4.0. Zum Schluss gab es von den beiden Künstlerinnen als Zugabe zum Applaus selbst angemachten Tomatensalat.
Ein roter Vorhang, flankiert von zwei Kleiderständern, voll gehängt mit Klamotten unterschiedlichster Art: Mit diesem Bühnenbild durften sich die Besucher im gut besetzten Saal der Mühle schon mal auf ein abwechslungsreiches, buntes Programm einstellen. „Wenn Sie Comedy erwarten, dann haben wir ein Problem, stellten sich die mit dem Sebastian-Blau-Preis für schwäbisches Kabarett (2006) und dem Kleinkunstpreis Baden-Württemberg (2008) ausgezeichneten Hanna Münch und Heike Sauer beim Betreten ihrer „Aussichtsplattform mit Weitsicht“vor. Bei DSDS (Deutschland sucht den Superstar) rausgeflogen, ins Dschungelcamp nicht reinsang, gekommen, seien sie „heute hier, morgen dort“, was sie gesanglich mit dem gleichnamigen Lied von Hannes Wader mit ein wenig Augenzwinkern zum Ausdruck brachten. Das Programm „Schöne Aussicht“fassten sie mit dem kaum aussprechbaren Wort „Kathepergelyta“zusammen. Die Übersetzung dazu kam prompt: Kabarett, Performance, Ge- Lyrik und Tanz seien darin miteinander verknüpft.
Was die beiden dann boten, war anspruchsvolles, ungewöhnliches Theaterkabarett, bei dem sie die oft nachdenklichen Themen mit allerlei Verkleidungen tänzerisch und gesanglich abhandelten. „Einfach sei die Welt nicht zu verstehen“, was die beiden Künstlerinnen veranlasste, heikle Themen wie Flüchtlingskrise, gesellschaftliche Stellung der Frau, Nachhaltigkeit oder digitale Revolution 4.0 in ihrer ganz besonderen Sprache, mal witzig, ironisch, aber auch bitterböse zu interpretieren. So berichtete beispielsweise Hanna Münch in einer Nachrichtenszene betont neutral über ertrunkene Flüchtlinge im Mittelmeer, während dazwischen Heike Sauer ein Lieblingsgedicht Goethes zitierte: „ Ich denke Dein, wenn mir der Sonne Schimmer vom Meere strahlt“.
Umarmung gratis
Während sich die beiden in ihrem Programm von Szene zu Szene vorarbeiteten, wuchsen indes auf der Bühne die Klamottenberge. Wortlos ging es nach einer Pause in den zweiten Teil der Vorstellung, denn Hanna Münch und Heike Sauer betraten die Bühne mit umgehängten Schildern, auf denen „Umarmung für umme“und „free hugs“stand, was bedeutet „Umarmung gratis“. Es dauerte eine kleine Weile, bis sich einige Zuschauer auf die Bühne wagten, um die beiden dann zu umarmen.
Und letztendlich ist es den beiden Künstlerinnen dann gelungen, ihr Publikum auch mit ihrem Programm inhaltlich zu umarmen. Der Applaus sollte nicht ausbleiben und als Zugabe verteilten Hanna Münch und Heike Sauer dann Tomatensalat.