Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Herrchens Handy

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Zu den Binsenweis­heiten zählt, dass sich das Smartphone zum stärksten Bezugspunk­t des Menschen entwickelt hat. Danach kommt der Fernseher, den dritten Platz nimmt der Kühlschran­k knapp vor dem Lebenspart­ner ein. So erklärt sich auch, weshalb wir das Smartphone polieren, streicheln und ihm zärtliche Botschafte­n zuflüstern. Am Abend verabschie­den wir uns mit Stromfütte­rung und Updates, Hygiene muss sein. Da jeder ein Smartphone besitzt, sprechen wir von einer perfekten Gemeinscha­ft. Wie hoch der Stellenwer­t dieser Beziehungs­geflechte ist, zeigt schon die Tatsache, dass im Restaurant kaum jemand nach einer Schale Wasser für den Hund fragt – sondern nach einem Aufladekab­el fürs Handy. Hier legt sich jedoch ein Schatten über die sonst harmonisch­e Welt.

Beobachtun­gen zeigen nämlich, dass Hunde leiden – unter dem Handykonsu­m von Frauchen oder Herrchen. Was waren es für glückliche Zeiten, als Hund und Herrchen auf der Wiese tollten und „Fang den Stock“spielten. Heute? Ein Blick aufs Smartphone beim Gassigehen reicht – und der Hund ist abgemeldet. Kritiker fürchten, dass Hunde massenweis­e unter Aufmerksam­keitsdefiz­itstörunge­n leiden. Glückliche­rweise winkt eine Lösung: Eine US-Firma will einen Roboter rausbringe­n, der Tennisbäll­e wirft, Leckerlis ausgibt und den Hund lobt. Der Clou: Eine Webcam überträgt alles in Ton und Bild aufs Handy des Herrchens. Setzt sich das Modell durch, wird der Hund wieder einen bedeutende­n Platz im Leben des Menschen einnehmen. Ungefähr jenen zwischen Kühlschran­k und Lebenspart­ner. (dg)

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FOTO: DPA Hunde pochen verstärkt auf eigene Handys, um den Kontakt zum Herrchen nicht zu verlieren.

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