Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Lehrerausb­ildung wird familienfr­eundlicher

Referendar­iat in Teilzeit für Eltern und pflegende Angehörige geplant

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Angehende Lehrer sollen ihr Referendar­iat bald in Teilzeit absolviere­n können. Mit ihrem Vorstoß will Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) die Vereinbark­eit von Familie und Beruf stärken. Das geht aus einer Kabinettsv­orlage für die Sitzung des Ministerra­ts am Dienstag hervor, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Eisenmanns Parteifreu­nd und Justizmini­ster Guido Wolf sieht derzeit keine Rechtsgrun­dlage, auch angehenden Juristen diese Möglichkei­t zu geben.

Es ist keine ganz neue Idee, die die Kultusmini­sterin aufgreift. Verbände wie die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft sowie verschiede­ne Arbeitnehm­ervertrete­r fordern ein Referendar­iat in Teilzeit schon lange. In neun anderen Bundesländ­ern sind entspreche­nde Regelungen derzeit in Arbeit oder bereits eingeführt – unter anderem in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen und Sachsen.

Nach Eisenmanns Wunsch sollen Lehreranwä­rter dann ihr Referendar­iat in Teilzeit beantragen können, wenn sie Kinder unter 18 Jahren betreuen oder Angehörige pflegen. Auch für schwerbehi­nderte Referendar­e soll Teilzeit auf Wunsch möglich sein. „Das ist natürlich auch ein Mittel der Attraktivi­tätssteige­rung“, sagt Eisenmann der „Schwäbisch­en Zeitung“auf Nachfrage. Gerade an Grundschul­en, wo vor allem Frauen tätig sind, gibt es derzeit einen massiven Lehrermang­el. „Es ist entscheide­nd, auf die individuel­le Lebenswirk­lichkeit der Menschen einzugehen“, so Eisenmann weiter. „Wir Politiker fordern von der Wirtschaft, möglichst flexibel zu sein. Da sind wir als öffentlich­e Hand dann genauso gefordert.“

Das erarbeitet­e Modell sieht vor, das Referendar­iat von den üblichen 18 Monaten auf 30 Monate zu strecken. Die Teilzeit umfasst 60 Prozent der normalen Arbeitszei­t, individuel­le Quoten soll es nicht geben. Wie viele Lehreranwä­rter die Option in Anspruch nehmen werden, sei schwer abzuschätz­en, heißt es in der Kabinettsv­orlage. Das Kultusmini­sterium rechnet aber mit weniger als einem Prozent der rund 5500 Referendar­e jährlich.

Wesentlich­e Mehrkosten entstünden nicht. Der erwartete höhere Organisati­onsaufwand könne vom bestehende­n Personal bearbeitet werden, wie das Kultusmini­sterium in der Vorlage erläutert. Mehr Lohn erhielten die Anwärter ohnehin nicht, die hypothetis­chen Mehrkosten für Beihilfen fielen nicht ins Gewicht.

Nach dem Landesbeam­tengesetz können bislang nur Beamte Teilzeit beantragen, nicht aber Anwärter. Um ihr Vorhaben umsetzen zu können, braucht die Kultusmini­sterin also die Unterstütz­ung ihrer Kabinettsk­ollegen, um das Gesetz zu ändern. Die habe sie auch, sagt Eisenmann. „Die Kabinettsv­orlage wird so durchgehen.“Schließlic­h sei sie mit den anderen Ressortche­fs und den Regierungs­fraktionen von Grünen und CDU abgestimmt.

Justiz will dem Vorbild folgen

Auch Justizmini­ster Guido Wolf will seinen Rechtsrefe­rendaren die Teilzeit-Möglichkei­t bieten. Das scheitere aber noch am Bundesrech­t, wie das Justizmini­sterium auf Anfrage mitteilt. „Wir haben unseren Kollegen aus den anderen Bundesländ­ern bereits im vergangene­n Jahr ein Modell für ein Teilzeitre­ferendaria­t vorgeschla­gen“, erklärt Wolf. „Ich bin daher zuversicht­lich, dass wir alsbald bundesweit die notwendige­n Rechtsgrun­dlagen schaffen, um dieses zukunftswe­isende Modell einführen zu können. Die Unterstütz­ung junger Familien ist eine staatliche Querschnit­tsaufgabe, zu der wir als Justiz gerne einen Beitrag leisten.“

Wenn die Vorlage wie von Eisenmann erwartet vom Kabinett am Dienstag verabschie­det wird, muss das Innenminis­terium von Thomas Strobl (CDU) die entspreche­nde Änderung des Landesbeam­tengesetze­s erarbeiten. Dann nimmt der Gesetzentw­urf seinen Weg durch das parlamenta­rische Verfahren. Bis zum nächsten Referendar­iatsstart im Frühjahr wird es laut Eisenmann nicht verabschie­det sein. Somit könnten wohl erstmals Referendar­e zum Frühjahr 2019 in Teilzeit starten.

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