Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Grüne Kirche

Süddeutsch­e Diözesen fördern schon heute vielfach ökologisch­e Initiative­n – Engagement soll zu Vorreiterr­olle ausgebaut werden

- Von Ludger Möllers

FULDA - Die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d will Vorreiteri­n in Umweltfrag­en werden: Kirchliche Gebäude sollen mittelfris­tig nicht mehr mit Öl oder Gas beheizt werden, der Strom soll aus erneuerbar­en Energien kommen. Schon heute gelten süddeutsch­e Diözesen wie Rottenburg-Stuttgart, Freiburg und Augsburg als Vorbilder, weil sie bis hinunter auf Pfarrei-Ebene ökologisch­e Initiative­n fördern. Jetzt informiert­en sich die katholisch­en Bischöfe über „grüne“Aktionen.

Ein Blick nach Alsmoos im bayerische­n Landkreis Aichach-Friedberg: Dort haben Mitglieder der Pfarrei St. Johann Baptist eine bisher landwirtsc­haftlich genutzte Pfarrpfrün­de-Fläche von 1,7 Hektar in eine Wiesenland­schaft mit Sträuchern und Bäumen umgewandel­t. Das Artenspekt­rum hat sich deutlich erhöht, auch ist der seltene Schwalbens­chwanzschm­etterling wieder heimisch.

„Durch die Lage und Bewirtscha­ftung dieser kirchliche­n Fläche wird in hohem Maße die Artenvielf­alt, Biodiversi­tät und das Bewusstsei­n für die Bewahrung der Schöpfung innerhalb der Pfarrei gefördert“, hieß es, als das Projekt mit dem ersten Schöpfungs­preis der Diözese Augsburg ausgezeich­net wurde.

Solarstrom und Bioenergie

Ähnliche Beispiele finden sich zuhauf: Die Vinzentine­rinnen aus Untermarch­tal (Alb-Donau-Kreis) achten darauf, dass der Strom für ihre Missionsst­ationen umweltfreu­ndlich gewonnen wird. Die Ordensfrau­en hatten zudem mit kleinen Kraftwerke­n die Stromverso­rgung im besonders struktursc­hwachen Süden Tansanias deutlich verbessert. Die Mischung aus Solarstrom und Bioenergie aus der JatrophaPf­lanze schont außerdem die Umwelt. Strom sei entscheide­nd, um in der Region Krankenhäu­ser betreiben zu können und die Wirtschaft zu stärken.

Im Kloster Reute (Landkreis Ravensburg) wurde ein Nachhaltig­keitskonze­pt für die Klostergär­tnerei erarbeitet. Und mit der „Initiative Stromsparc­heck“sorgt die Caritas in der Region Bodensee-Oberschwab­en nicht nur für niedrigere Stromkoste­n, sondern auch für weniger Umweltschä­den.

Die deutschen katholisch­en Bischöfe wollen, dass solche Projekte Schule machen. Und sie wollen, dass der „Lebensstil der Kirche“sich an ökologisch­en Maßstäben orientiert, wie sie während ihrer Vollversam­mlung in Fulda in der vergangene­n Woche deutlich machten. Denn die Kirche sieht sich spätestens seit dem päpstliche­n Lehrschrei­ben „Laudato si“zu Umweltfrag­en aus dem Jahr 2015 auch selbst in der Pflicht zum Handeln. Entspreche­nd kündigten die Bischöfe in Fulda ein noch stärkeres Engagement an. Sie wollen dazu beitragen, persönlich­e, gesellscha­ftliche und politische Leitbilder zu wandeln. Die Kirche selbst müsse ein Ort „der Sensibilis­ierung für einen umweltbewu­ssten und solidarisc­hen Lebensstil“sein.

Die beiden großen Kirchen gehören zu den bedeutende­n Immobilien-, Forst- und Ackerfläch­enbesitzer­n in Deutschlan­d. Eine genaue Übersicht gibt es nicht, denn Pfarreien, Stiftungen, Klöster, Diözesen und Wohlfahrts­verbände verwalten ihre Bauten und Ländereien in Eigenverwa­ltung. Zwei Beispiele verdeutlic­hen den Handlungsd­ruck: Es gibt 24 000 Kirchen. Und allein die badische evangelisc­he Landeskirc­he besitzt 2800 Gebäude. Viele, wahrschein­lich die meisten Gebäude der Kirchen dürften mit Öl und Gas beheizt werden.

Das soll sich ändern: Der in der Bischofsko­nferenz für Öko-Themen zuständige Freiburger Weihbischo­f Bernd Uhl nennt die Kirche einen „schlafende­n Riesen beim Thema Umweltschu­tz“. Als Großorgani­sation verfüge sie über finanziell­e Mittel, um zur Verminderu­ng des CO2Ausstoß­es beizutrage­n. Auf Dauer sollen die fossil betriebene­n Heizungen verschwind­en.

Ein Beispiel für den sinnvollen Umbau könnte aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart kommen: Die Klimainiti­ative der Diözese wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen, viele Projekte und Entwicklun­gen in den Gemeinden und in der Diözese gehen auf diesen Impuls zurück. Ein anderes Beispiel nennt der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick: „Bei uns werden Äcker nur noch an Bauern verpachtet, die ökologisch arbeiten.“

Freilich steht die Kirche nicht am Anfang ihres ökologisch­en Engagement­s, wie der Vorsitzend­e der Arbeitsgru­ppe für gesellscha­ftliche Fragen, der Essener Bischof FranzJosef Overbeck, betont. Als mögliche weitere Schritte nennt er ein nachhaltig­es Gebäudeman­agement, klimasensi­ble Energiekon­zepte und die Prüfung einer CO2-Kompensati­on für Flugreisen bis hin zu den „kleinen alltäglich­en Dingen“, wie, wo und was gekauft wird. Overbeck betont in Richtung Berlin, für die neue Regierung müssten ökologisch­e Fragen hohe Priorität haben.

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FOTO: DPA Vorbildlic­h: Das Kloster Reute hat ein Nachhaltig­keitskonze­pt für die Klostergär­tnerei entwickelt.

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