Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Erste Anklage wegen Cum-Ex-Geschäften

Steuerschl­upfloch kostet Steuerzahl­er Milliarden

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FRANKFURT (dpa) - Umstritten­e Dividenden-Steuertric­ks sollen einem Bericht zufolge erstmals zu einem Strafproze­ss in Deutschlan­d führen. Die Generalsta­atsanwalts­chaft Frankfurt habe beim Landgerich­t Wiesbaden Anklage gegen ehemalige Aktienhänd­ler einer Bank und einen aus Hessen stammenden Anwalt wegen sogenannte­r Cum-Ex-Geschäfte erhoben, bei denen der Staat um Milliarden geprellt worden sein soll, berichtete­n „Süddeutsch­e Zeitung“, NDR und WDR.

Die Generalsta­atsanwalts­chaft und das Gericht erklärten am Mittwoch auf Anfrage, sie könnten zum jetzigen Zeitpunkt aus rechtliche­n Gründen keine Auskunft erteilen.

Hintergrun­d sind umstritten­e Cum-Ex-Geschäfte. Dabei schoben Investoren rund um den Dividenden­stichtag Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttu­ngsanspruc­h rasch zwischen mehreren Beteiligte­n hin und her. Die Beteiligte­n ließen die Papiere untereinan­der zirkuliere­n, bis dem Fiskus nicht mehr klar war, wem sie überhaupt gehörten. Ob das illegal war, ist noch nicht höchstrich­terlich geklärt. Die Folge der Karussellg­eschäfte: Bescheinig­ungen für die Rückerstat­tung der Kapitalert­ragsteuer wurden mehrfach ausgestell­t, obwohl die Steuer nur einmal gezahlt wurde. Schätzunge­n über den Gesamtscha­den für den Fiskus reichen von zehn Milliarden bis zu 32 Milliarden Euro. 2012 war das Steuerschl­upfloch geschlosse­n worden. Etliche Banken und Investoren gerieten ins Visier der Ermittler.

Nach Angaben des hessischen Finanzmini­sters Thomas Schäfer fielen Betriebspr­üfern des Landes die Machenscha­ften erstmals 2009 auf. „Wir haben rund 30 Fälle, in denen es um 1,3 Milliarden Euro von den Betroffene­n vermutlich zu Unrecht geltend gemachter Kapitalert­ragsteuer geht“, sagte der CDU-Politiker laut Mitteilung. Hessens Finanzverw­altung habe bislang alle entspreche­nden finanzgeri­chtlichen Verfahren gewonnen. Jetzt müsse es um die strafrecht­liche Aufarbeitu­ng gehen.

Die Cum-Ex-Geschäfte beschäftig­ten nicht nur Staatsanwä­lte in mehreren Bundesländ­ern, auch ein Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags befasste sich mit dem Thema. Als einer der Hauptakteu­re gilt der aus Hessen stammende Anwalt, der in der Schweiz lebt.

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