Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Messerangriff: Taxifahrer kann sich an wichtige Details nicht erinnern
Richter und Oberstaatsanwalt zweifeln Glaubwürdigkeit an
FRIEDRICHSHAFEN (lys) - Zäh ist es am vierten Verhandlungstag im Ravensburger Landgericht im Fall des Messerangriffs in Kressbronn zugegangen. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, im Dezember vergangenen Jahres einen Taxifahrer mit einem Messer bedroht und einen 29Jährigen mit der Klinge am Hals verletzt zu haben. Am Mittwoch sollten zwei Zeugen zum Tathergang gehört werden.
Die Verhandlung begann mit einer Unterbrechung. Zwei Zeugen waren geladen, einer erschien nicht und war auch telefonisch nicht zu erreichen. Nach der kurzen Zwangspause, in der der Vorsitzende Richter versuchte, den Zeugen zu erreichen, trat der Taxifahrer in den Zeugenstand. Der junge Mann aus Bregenz war vor einem Jahr noch Wehrdienstpflichtiger in Österreich und fuhr nebenbei Taxi, „um etwas dazuzuverdienen“, erklärte er dem Gericht. In der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember 2016 hat er in den Morgenstunden den Tatverdächtigen sowie sieben weitere Passagiere, die offensichtlich miteinander bekannt beziehungsweise befreundet waren, von der Disco „Blue“in der Nähe von Lauterach abgeholt. Kurz nachdem er die Passagiere mit dem Großraumtaxi Richtung Friedrichshafen befördert habe, habe sich der Angeklagte schon übergeben. Da habe der Streit begonnen. Die Passagiere seien stark alkoholisiert gewesen, sagt der Taxifahrer. Das sind die wenigen Details, an die sich der Zeuge erinnern konnte.
„Ich weiß es nicht mehr“
Auf die meisten Fragen, die der Richter ihm stellte, antwortete er mit „Ich weiß es nicht mehr“, „Ich kann mich nicht erinnern“oder „wenn Sie das sagen“und bezog sich auf das Polizeiprotokoll, das ihm der Richter passagenweise vorlas. Manchmal gab er auch gar keine Antwort. Der junge Mann wirkte wie eingeschüchtert und rieb sich immer wieder verlegen die Augen, wenn ihm eine Frage gestellt wurde. „Ich versteh nicht, dass sie sich an einige Sachverhalte relativ gut erinnern, aber bei denen, die am wichtigsten sind, sich an nichts mehr erinnern können“, kritisierten sowohl der Richter als auch der Oberstaatsanwalt.
Da der Taxifahrer in der Tatnacht die Polizei informierte und auch wenige Tage später eine sehr detaillierte Aussage auf dem Polizeipräsidium in Ravensburg zu Protokoll brachte, irritierte sein mangelndes Erinnerungsvermögen.
„Haben sie Angst vor jemanden oder wollen sie jemanden schützen?“, fragte der Richter. Hier erhielt er eine verneinende Antwort. Damals sei alles sehr schnell gegangen, er habe auch kurz darauf aufgehört, Taxi zu fahren, eigentlich habe er auch gar nicht kommen wollen und er sei zwei Wochen in Therapie gewesen, sagt der Zeuge. Ob die Therapie mit dem Taterlebnis in Verbindung stehe, wollte der Richter wissen, aber auch hier kam nur eine ausweichende Antwort: „Mir war immer unwohl“. Obwohl der Richter geduldig immer wieder nach Details fragte, gab der Zeuge nur ausweichende Antworten.
Während der Angeklagte vor Beginn der Verhandlung noch mit Freunden, die den Prozess besuchten, scherzte und erst nach Aufforderung des Oberstaatsanwaltes Ruhe gab, verfolgte er sehr konzentriert die Aussagen des Taxifahrers. Am Montag wird der Prozess fortgesetzt.