Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Häfler Familie läuft bis nach Italien
Sommerzeit, Herbstzeit, Wanderzeit: Auf den Spuren der Schwabenkinder
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Bianca Knecht hat mit ihrem Mann und ihren Kindern eine Wandertour gemacht. Dabei war die Häfler Familie unterwegs auf den Spuren der Schwabenkinder. Bianca Knecht hat ihre Eindrücke in einem Tagebuch festgehalten. Hier ihre Notizen:
Jetzt wo sich das Laub in herbstlicher, bunter Farbe präsentiert und die Sonne einem noch schön warm das Gesicht streichelt, ist das die beste Zeit, um zu wandern. Und wer mit seiner Familie noch etwas über die heimatliche Geschichte spüren möchte, der laufe doch einfach auf den Spuren der Schwabenkinder, und merke dabei, wie authentisch und erlebnisreich Geschichte sein kann.
Wir sind im Frühjahr und Sommer 13 Tage durch die Alpen gelaufen, von Bregenz bis Lana. 290 Kilometer. Davon 12 487 Meter hoch und 14 935 Meter runter. Diese Tour machten wir zu viert als Familie. Die Kinder, das sind der elf Jahre alte Junge und das 13 Jahre alte Mädchen. Vielleicht erschrecken die Daten nun etwas, aber man kann auch aus unserer Tour prima Tagestouren machen. Wir liefen in drei Etappen, da wir es erst einmal probieren wollten, ob wir Lust zu Mehrtagestouren haben. Das kann ich auch jedem empfehlen, der so etwas noch nie vorher gemacht hat, denn am zweiten Tag weiß und lernt man viel, was Schuhwerk, Kleidung, Rucksack, Rucksackgewicht und Tagesetappen angeht. Wir liefen pro Tag im Schnitt etwa 25 Kilometer und 1000 Höhenmeter.
Angefangen haben wir mit unserer Geschichte schon in Wolfegg im Bauernhausmuseum. Da war es für alle von uns sehr spannend zu erfahren, wie die Schwabenkinder lebten und was die Kinder alles leisten mussten. Und welche Entbehrungen sie hatten. Das war für unsere Kinder kaum verständlich. Darum waren auch sie sehr gespannt, wie es denn nun wirklich ist, als Schwabenkind zu laufen.
Die erste Etappe starteten wir an Pfingsten 2017 für drei Tage oben in Schröcken im Bregenzerwald. Wir ließen unser Auto in Bregenz stehen und fuhren mit dem Landbus nach Schröcken. Von dort besuchten wir gleich das Museum Batzen Alpe, welches uns einen Einblick in das Leben der Schwabenkinder gab. Wir bekamen eine tolle Führung mit vielen Erklärungen des Bauernhauses. Die Kinder durften in den Heubetten sogar probeliegen und waren nicht so begeistert, da es feucht und kratzig war.
Murmeltiere als Begleiter
Weiter liefen wir nach Bezegg, wo wir unsere erste Nacht verbrachten. Unterwegs hatten wir immer wieder Gesellschaft durch Murmeltiere. Die Route bezogen wir aus dem Wanderführer, Schwabenkinder-Wege-Vorarlberg vom Elmar Bereuter (ISBN 978-3-7633-4416-1), der im RotherVerlag erschien. Am zweiten Morgen merkten wir alle ordentlich unsere Muskeln und auch, dass die Tagesetappe wohl etwas zu lang war. Der zweite Tag führte uns dann über Bizau, Bezegg, Bezau weiter nach Schwarzenberg zu unserer zweiten Übernachtung. Immer wieder gab es für die Familie tolle Erlebnisse, aber auch kleinere Tiefpunkte, und dabei fühlte man schon etwas, wie sich die Schwabenkinder damals wohl gefühlt haben mögen. Es war nicht immer leicht und man lief schon mal über seine eigene Leistung- und Lustgrenze. Wurde dafür aber immer wieder mit tollen Aussichten und Eindrücken belohnt. Der dritte Tag ging dann über den wunderschönen Lorenapass, wo wir öfters zum Schauen und Staunen halten mussten. Es war wie im Märchenwald. Dann ging es runter nach Andelsbuch, über Bildstein, Wollfurt bis nach Bregenz.
In der zweiten Etappe starteten wir dann wieder in Schröcken mit dem Bus in den Sommerferien 2017 im August und liefen über Auenfeld Richtung Lech, Zug nach Stuben am Arlberg, wo wir schliefen. Da gab es tolle Streckenabschnitte, die am Bach verliefen, wo es bei den Temperaturen schön war, die Füße zu kühlen. Weiter ging es über den ganzen Arlberg zu Fuß bis nach Pettneu zur zweiten Übernachtung. Die dritte war dann schon in der netten Stadt Landeck, wo wir auch das Landecker Schloss zum Thema Schwabenkinder besuchten.
Ein komisches Gefühl
Auf der Via Claudia Augusta liefen wir nach Ried am Inn. Von da weiter bis nach Nauders, wo wir wieder schliefen. Der nächste Tag war besonders spannend für uns. Liefen wir doch nun zu Fuß nach Italien. Was für ein komisches Gefühl, wenn einem auf einmal bewusst wird, was man schon alles gelaufen ist. Nun kann man sagen, ich bin bis nach Italien gelaufen, auf den Reschenpass zum Reschensee bis nach Mals. Doch da mussten wir unsere Tour abbrechen, weil es dauerhaft regnete und leichter Schnee in der Höhe fiel. Das war zu kalt für uns, solche Tagesetappen mit den Kindern zu laufen, obwohl uns sehr bewusst war, wie die Schwabenkinder das trotzdem laufen mussten – und das seit fast 400 Jahren bis zum Jahr 1950.
Eine halbe Woche später war das Wetter wieder beständig und weiter ging die Schwabenkinder-Tour zu den nächsten Abschnitten der Reise. Wir nächtigten in Latsch, Kastellbell und Algund. Bis wir am letzten Tag nach Lana laufen konnten. Auf den Strecken liefen wir viele tolle, spannende Waalwege. Und die Burg von Reinhold-Messmer – Schloss Juval – besichtigten wir auch. Zurück ging es dann mit dem Zug bis Mals, wo wir dann, glücklich und stolz auf uns, unser Auto bestiegen um Heim zu fahren und um alles nochmal Revue passieren zu lassen.
Als Fazit unserer Tour haben wir alle beschlossen, dass man ähnliches durchaus wieder laufen könnte und auch bestimmt werde. Nur ganz bestimmt nicht gleich im nächsten Jahr.
Wer sich mehr über die Tour informieren möchte kann Familie Knecht eine E-Mail schicken:
Bianca.knecht@gmx.de