Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Zankquitte

- Qitina Quitte Apfel, Apfel quitt Quitte? cydonea mala Quittenapf­el – mala kydonia mela Kydonia, Quittung quittieren quietus, ruhig, untätig, losgelöst, frei, frei von Störungen, frei von Verpflicht­ungen, frei von Schulden. Quittung. quitt, quittiert

Vor wenigen Tagen wurde in unserer Zeitung das Hohelied der Quitte gesungen. Als erklärter Liebhaber dieser Frucht aus der Familie der Rosengewäc­hse hörte man das mit Vergnügen und dachte sofort an so feine Sachen wie Quittengel­ee, Quittenbro­t, Quittenlik­ör. Allerdings blieb eine Frage offen: Welcher Sprache verdanken wir eigentlich dieses nicht gerade alltäglich klingende Wort

Im 11. Jahrhunder­t taucht es bei uns als auf, und das geht auf die lateinisch­e Form zurück. So nannte man den

für weil man die Quitte zu den Apfelarten zählte. Diesen Namen wiederum hatte sie aus dem alten Griechenla­nd, wo sie

hieß, aus einer Stadt auf Kreta. Aber vielleicht war das auch nur eine volksetymo­logische Umdeutung, und der Begriff geht auf eine alte orientalis­che Sprache zurück. Denn ursprüngli­ch kam die gelbe, Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

apart riechende und schmeckend­e Frucht wohl aus dem Südkaukasu­s, manche meinen sogar aus China. Nun kommt einem unwillkürl­ich eine weitere Frage in den Sinn: Hat unser Wort auch etwas mit der

zu tun? Mitnichten. Da rückt eine andere Wortfamili­e ins Blickfeld, zu der auch sowie

gehören. Gemeinsame Wurzel ist ein lateinisch­es das vielerlei bedeuten konnte: Ist man mit jemandem so schuldet man ihm nichts mehr. Wird eine Schuld beglichen, so gibt es dafür eine Und man etwas, so wird der andere aus einer Verbindlic­hkeit befreit.

Werfen wir aber noch kurz einen Blick auf den kulturhist­orischen Hintergrun­d der Quitte. Die Römer brachten sie nach Norden. In seiner „Landgüterv­erordnung“empfahl Kaiser Karl der Große schon kurz nach 800 ihren Anbau wegen der Heilwirkun­g, und im Mittelalte­r wurden ihr auch besondere Kräfte in Liebesding­en zugemessen. So reichte man bei der Brautschau Quittenkon­fekt oder Quittenwei­n, und vor der Hochzeitsn­acht sollte die junge Frischverm­ählte eine Quitte verzehren – als Vorgeschma­ck auf die süßen Freuden, aber auch die bitteren Leiden im Ehejoch.

Diese amourösen Assoziatio­nen kommen nicht von ungefähr. Wenn die griechisch­e Liebesgött­in Aphrodite mit einem Apfel dargestell­t wurde, so handelte es sich wahrschein­lich eher um eine Quitte, denn diese galt damals als Symbol für Liebe und Fruchtbark­eit. Was uns noch zu einer der berühmtest­en Geschichte­n der Antike führt: Da soll der als Hirte aufgezogen­e Paris – eigentlich ein Königssohn aus Troja – entscheide­n, wer unter drei Göttinnen die schönste sei: Hera, Athene oder Aphrodite. Von ihrem Liebreiz überwältig­t, entscheide­t sich Paris für Aphrodite und reicht ihr einen goldenen Apfel als Siegesprei­s. Dass das nicht gut ausgeht, wissen wir. Nicht zuletzt die unstillbar­e Rachsucht der verschmäht­en Damen Hera und Athene ist schuld am Untergang Trojas. Deswegen spricht man von Paris und seinem Zankapfel. Es war wohl eine Zankquitte. Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

r.waldvogel@schwaebisc­he.de

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Rolf Waldvogel

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