Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bis zur Industrialisierung war Langenargen bedeutender als Friedrichshafen
Ausstellung des Gemeindearchivs anlässlich des 50-jährigen HGV-Jubiläums eröffnet mit Vernissage am 13. Oktober
LANGENARGEN (sz) - „Handel im Wandel“heißt die Ausstellung des Gemeindearchivs anlässlich des HGV-Jubiläums. Die öffentliche Vernissage findet am Freitag, 13. Oktober, um 19 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses statt. Nach Grußworten von Bürgermeister Achim Krafft und HGV-Vorsitzendem Karl-Heinz Scheriau spricht Jürgen Keck, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg, über die Zukunftsperspektiven der Gewerbetreibenden.
Das Gemeindearchiv Langenargen hat aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums des örtlichen „Handelsund Gewerbevereins“(HGV) die kleine Ausstellung zusammengestellt. „Handel im Wandel“kann vom 16. Oktober bis zum 24. November während der Öffnungszeiten des Bürgerservices im Foyer des Langenargener Rathauses besichtigt werden. Im Mittelpunkt stehen die Entwicklungsphasen der Langenargener Gewerbestrukturen samt ihrer Ursprünge. Auf 16 Schautafeln werden Bilder und Dokumente über Langenargens geschichtliche Entwicklung als Handelsplatz aufgezeigt. Die ökonomische Bedeutung des Ortes erfuhr mit der Verleihung des Markt- und Stadtrechts sowie der Errichtung einer Schiffsanlegestelle im 15. Jahrhundert einen Aufschwung. Die regierenden Grafen von Montfort verlegten das Zentrum Langenargens vom heutigen „Unterdorf “in eine ‚Neue Mitte‘, das seither so genannte „Städtle“.
Montforter legen in der Nähe der Argen einen Gewerbekanal
an Bald hatten sich Handwerker, Händler sowie Tavernen in der Ortsmitte Langenargens niedergelassen. Hinzu kamen herrschaftliche und kirchliche Einrichtungen. In den östlich und westlich verbleibenden Siedlungsgebieten, dem „Ober-“und dem „Unterdorf“, lebten und arbeiteten hingegen vorwiegend Bauern und Fischer.
Zusätzlich legten die Montforter in der Nähe der Argen einen Gewerbekanal an. Dort entstanden ab dem 16. Jahrhundert Mühlen und kleine Betriebe. Vor dem Aufstieg des ersten Zeppelin-Luftschiffes und der folgenden Industrialisierung Friedrichshafens galt Langenargen als der bedeutendste Industriestandort im Oberamt Tettnang. Die Gemeinde entwickelte sich anschließend jedoch zum Fremdenverkehrsort. Hinzu kamen ein größeres Gewerbegebiet nördlich der Bahnlinie sowie, anstelle der früheren Parkettfabrik, die Firma Vetter Pharma-Fertigung am Bahnhof als größter örtlicher Betrieb mit derzeit 600 Arbeitsplätzen.
Bereits in montfortischer Zeit entfaltete sich in Langenargen ein ausgeprägtes Zunftwesen. Die verschiedenen Handwerkszweige institutionalisierten dadurch vorwiegend ihre spezifischen Ausbildungs- und Produktionsmethoden. Derartige Zusammenschlüsse können als frühe Vorläufer des heutigen HGV angesehen werden, da ihre Repräsentanten das politische und gesellschaftliche Geschehen am Ort zu beeinflussen gedachten. Mit Beginn der Industrialisierung wurde das Zunftwesen von Handwerkerinnungen und überregionalen Arbeitgebervereinigungen abgelöst. Eine Renaissance erfuhren kommunale Gewerbeorganisationen im „Dritten Reich“. Es entstand die „NS-Handels-, Handwerks- und Gewerbeorganisation“, kurz „NS-HAGO“. Nach dem Krieg dauerte es recht lange, bis sich die örtlichen Gewerbetreibenden wieder zu einer lokalen Organisation zusammenschlossen.
Aufgrund der empfundenen Notwendigkeit einer gemeinsamen Interessenvertretung wurde am 13. April 1967 im Hotel zum „Löwen“der „Handels- und Gewerbeverein“(HGV) Langenargen mit den Fachgruppen Handel, Handwerk, Hotellerie und Industrie ins Leben gerufen. Mit zahlreichen Aktivitäten vertrat der HGV seither die Interessen seiner Mitgliedsbetriebe und bereicherte das öffentliche Leben der Gemeinde Langenargen. Zu seinen prägendsten Errungenschaften gehören unter anderem der Langenargener Weihnachtsmarkt samt Weihnachtsbeleuchtung, die alljährliche Leistungsschau anlässlich der Saisoneröffnung im Frühjahr. Die über 80 Mitgliedsbetriebe des „Handels- und Gewerbevereins“Langenargen um ihren Vorsitzenden Karl-Heinz Scheriau wollen auch künftig ihren Beitrag als gewerbliche Interessenvertretung und aktiver Bestandteil des örtlichen Vereinslebens erbringen.