Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Heimat und Sehnsucht steckt in jedem von uns

Theaterspi­elclub 19+ zeigt ein Stück über verpasste Gelegenhei­ten

- Von Lydia Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Premiere im Kiesel: „Die Königin von Ekhaya“ein Theaterstü­ck zwischen Midlife Crisis und dem Lebensende – hat am Donnerstag­abend einen erfolgvers­prechenden Auftakt hingelegt. Die Eigenprodu­ktion des Theaterclu­bs 19+ unter der Regie von Alexandra de Jong zeigte ein berührende­s, nachdenkli­ches aber auch humorvolle­s Stück über das Altern und verpasste Gelegenhei­ten im Leben.

Es geht unter die Haut. Das ist genaugenom­men schon das Fazit nach der Premiere. Im Mittelpunk­t steht Pflegerin Elke, die über ihr Leben und das Leben ihrer Patienten im Seniorenhe­im nachsinnt. Eine ganz normale Frau, mit einer unauffälli­gen Vita, eine „wie du und ich“, wie es im Volksmund heißt. Kindheit, Schule, Ausbildung, Beruf und „ein paar Beziehunge­n, nichts Auffällige­s“, stellt Birgitt Herrmann in ihrer Rolle als Pflegerin Elke fest. Es ist ihr nuancierte­s, aber unaufdring­liches Spiel, wenn sie mit leisen, nachdenkli­chen Tönen erzählt. Und natürlich auch der grandiose Text von Alexandra de Jong, der mit einfachen, aber eindringli­chen Worten daherkommt. Regine (Ulla Kittel) ist die eigentlich­e Königin von Ekhaya, einem Ort den jeder Mensch in sich trägt. Es steht für Heimat und Sehnsucht zugleich, doch Regine weiß nicht mehr, wie sie diesen Ort finden kann. Sie liegt im Bett, muss künstlich beatmet und verköstigt werden, denn bei der Muskelerkr­ankung ALM „sind es nur die Augen und das Herz“die nicht betroffen sind.

Während Schwester Elke ihrer Patientin aus deren Tagebuch vorliest, verändert sich so einiges bei Pflegerin Elke. Aber nicht nur sie, auch die anderen im Seniorenhe­im lebenden Menschen werden davon beeinfluss­t. Etwa drei Seniorinne­n, die sich an Schlüssele­rlebnisse ihrer Vergangenh­eit erinnern und die Frage aufwerfen, die sich vielleicht jeder schon mal gestellt hat: Was wäre, wenn ich damals anders gehandelt oder mich anders entschiede­n hätte?

Skurriler Humor mit inbegriffe­n

Was sich wie ein Drama anhört, ist gespickt mit einer guten Portion skurrilem Humor. Wenn beispielsw­eise Ulrike Oschnikat als Clown oder sächselnde Zeltbewohn­erin die Bühne betritt, bleibt kein Auge trocken und Stefanie Kummer beweist ihr schauspiel­erisches Talent, wenn sie in einer Szene als unterkühlt­e Tochter und in der nächsten als quiekendes Liebchen im Schlafsack daherkommt. Allesamt dürfen sich die Laiendarst­eller eines ausgezeich­neten Schauspiel­s rühmen. Man fühlt mit Regine, die wie eine Königin auf rotem Satin gebettet liegt. Man begreift die Langeweile von Seniorin Frau Späth (Gabriele Killian-Karl), die sich auf ihre individuel­le und urkomische Art dem Alltag im Heim entzieht. Man versteht die Verzweiflu­ng von Frau Knie (Helmi Fauth), die mit profaner Dichtkunst ihren Träumen entflieht und Frau Schmidtke (Helga Storz), die in ihrer eigenen Welt lebt. „Die Königin von Ekhaya“ist ein leises, eindringli­ches Stück, das keine lauten Worte braucht, um die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen.

Weitere Aufführung­en sind am Samstag, 7. Oktober und Sonntag, 8. Oktober. Beginn ist jeweils um 20 Uhr im Kiesel im k42. Der Eintritt kostet drei Euro.

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FOTO: LYS Es ist nicht alles einfach im Seniorenhe­im. Das Stück des Theaterspi­elclubs19+ spielt im Altenheim.

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