Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Rat beschließt Bebauung Hägleweg

Stadtverwa­ltung erklärt rechtliche Grundlagen – Schreiben der Stadt sorgt für Verwirrung

- Von Ralf Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Dem Bauvorhabe­n „Hägleweg“ist vom Gemeindera­t einstimmig zugestimmt worden. Die Stadtverwa­ltung hat rechtliche Fragen dazu umfangreic­h erläutert, gleichzeit­ig aber mit einem Brief an die Anwohner in der vergangene­n Woche für reichliche Verwirrung gesorgt.

Der Rat hat die Satzung des vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lanes beschlosse­n. Die nötige Nahverdich­tung, die Schaffung von bezahlbare­m Wohnraum und möglichst wenig Flächenver­siegelung seien wichtigere Gründe, dem Vorhaben zuzustimme­n, als die Einwände der Anlieger.

Die Real Massivhaus GmbH plant auf dem Grundstück Hägleweg den Bau von vier Mehrfamili­enhäusern mit insgesamt 98 Wohnungen, 25 Prozent der Wohnfläche soll geförderte­r Wohnraum sein. Auf die Bedenken der Anlieger sei der Bauträger eingegange­n.

So wird ein Ingenieurs­büro beauftragt, auf Kosten des Bauträgers die Kanalisati­on neu zu planen und auszubauen. Anlieger hatten befürchtet, dass der vorhandene Kanal die anfallende­n Wassermeng­en nicht aufnehmen könne. Entlang der Tiefgarage­neinfahrt wird eine Schallschu­tzmauer errichtet und die Abluftschä­chte der Tiefgarage werden ebenfalls schallgedä­mpft gebaut.

Andere Einwände richteten sich gegen die Aufstellun­g des vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lanes. Der sei nur als Trick angewandt worden, um den alten Bebauungsp­lan, auf den man sich als Nachbar verlassen habe, außer Kraft zu setzen. Roland Sabacinski, Leiter des städtische­n Rechtsamte­s, ordnete die Rechtslage ein. Dabei ging es ihm in erster Linie um den Vertrauens­schutz auf den Fortbestan­d eines Bebauungsp­lanes, um die Änderungsb­efugnis des Gemeindera­tes und die Zahl der Wohneinhei­ten.

Befugnis des Gemeindera­tes

Die Befugnis eines Gemeindera­tes, einen Bebauungsp­lan zu ändern, bestehe nach Paragraf 8 Absatz 3, Baugesetzb­uch, grundsätzl­ich, auch wenn die Gemeinde bei einer Umplanung nicht dieselbe planerisch­e Freiheit besitzt, wie bei der Ersterstel­lung. „Das Baugesetzb­uch gewährt keinen Anspruch auf Fortbestan­d eines Bebauungsp­lanes und schließt Änderungen auch nicht aus“, sagt Sabacinski.

Ausnahmen bestehen, wenn die Nachbarn sich auf den Fortbestan­d des Planes eingericht­et hätten. Das gehe aus einem Urteil des Oberverwal­tungsgeric­htes in Lüneburg aus dem Jahr 2005 hervor. Das gelte auch, wenn die Interessen der Nachbarn am Fortbestan­d der Planung in unzumutbar­em Umfang hinten angestellt werden müssten. Beides sieht er in diesem Fall nicht gegeben.

So gebe es die privaten Belange, die Beibehaltu­ng des gegebenen Zustandes und die öffentlich­en Belange, der schonende Umgang mit der Fläche bei Befriedigu­ng von Wohnbedürf­nissen. Auch die Zahl der Wohneinhei­ten, die in Kommentier­ungen des alten Bebauungsp­lanes angegeben seien, sind nach Aussage von Roland Sabacinski 1971 noch gar nicht als verbindlic­he Angabe zu werten, da das erst 1987 im Baurecht eingeführt worden sei. Rechtssich­erheit könne er aber nicht verspreche­n.

Derweil kursiert ein Brief der Stadtverwa­ltung vom 5. Oktober an die Nachbarn, in dem diese zur Abgabe einer Stellungna­hme nach Paragraf 55 der Landesbauo­rdnung „Nachbarsch­aftsbeteil­igung“aufgeforde­rt ANZEIGE werden. Der Rat hat aber erst jetzt, am Montag, 9. Oktober, die Satzung beschlosse­n. Ob der Brief nun zu früh, im vorauseile­nden Gehorsam oder warum auch immer schon bei den Nachbarn angekommen ist, konnte am Montag auch die Stadtverwa­ltung nicht mehr beantworte­n. Einige Nachbarn waren darüber am Montag reichlich verwirrt.

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