Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Vettel bleibt Teamplayer
Ferrari-Pilot stellt sich nach Suzuka-Aus vor Mechaniker
SUZUKA (SID/dpa) - In seiner wohl bittersten Stunde als Ferrari-Fahrer wandelte Sebastian Vettel auf den Spuren des großen Vorbilds. Wie einst Michael Schumacher verteidigte der Heppenheimer sein rotes Team vor massiver Kritik – obwohl ihn nur die Unzuverlässigkeit seines Autos wohl endgültig um den WMTitel gebracht hat. „Ich habe meinen Jungs gesagt: ,Fahrt nach Hause zu euren Familien, ruht euch aus, es waren harte Wochen für uns‘“, sagte Vettel nach seinem verhängnisvollen Aus beim Großen Preis von Japan: „Was passiert ist, tut weh. Aber ich muss meine Mannschaft schützen, alle geben Vollgas.“
Zwei Antriebsprobleme in zwei Wochen bei Vettel, und sein Rivale Lewis Hamilton im Mercedes zog mit dem Sieg in Suzuka auf 59 Punkte davon. Schon in zwei Wochen kann sich der Brite in Austin/Texas zum Weltmeister krönen. Man müsse nun „kein Mathematik-Genie sein“, sagte Vettel, um zu sehen, dass nicht mehr viel geht in diesem Jahr. Aber der 30-Jährige forderte bei der Bewertung einen Blick auf die gesamte Saison: „Wir sind schon viel weiter gekommen, als die meisten gedacht haben.“Und: „Wir wissen, dass wir das Paket haben, um es in den letzten vier Rennen noch einmal gut hinzubekommen.“
Die italienische Presse verspürte allerdings wenig Lust auf Zurückhaltung. Noch vor drei Wochen hatte Vettel diese WM im Griff gehabt, dann kam die Asientour mit Singapur, Malaysia und Japan. Statt drei durchaus möglichen Siegen holte Vettel zwölf Punkte. Der „Corriere dello Sport“fordert deshalb „ernsthafte Gedanken“darüber ein, „warum eine Saison mit guten Aussichten zur Katastrophe geworden ist“.
Die Gründe sind bekannt. Zweimal brachten defekte Teile Vettel um seine Chancen: in Malaysia ein Krümmer im Motor, in Japan eine Zündkerze – jeweils extern hergestellt von externen Zulieferfirmen. Der längst in die Kritik geratene Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene reagierte daher ungehalten auf kritische Fragen. „Jeder hat gesehen, was passiert ist. Glauben Sie, das Team hat einen Fehler gemacht?“, fragte der Italiener barsch zurück.
Ferrari-Präsident Sergio Marchionne gibt sich jedenfalls noch nicht geschlagen. „Die Formel-1-Saison ist noch nicht verloren. Wir haben noch vier Rennen, um aufzuholen“, sagte Marchionne bei einer Feier anlässlich des 70. Gründungsjahres von Ferrari: „Bei aller Demut sage ich, dass unser Auto riesige Fortschritte gemacht hat. Ohne arrogant klingen zu wollen: Ich glaube, dass Ferrari auf demselben Niveau oder vielleicht sogar besser als Mercedes ist.“
Ausgerechnet Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff warb um Verständnis und legte dabei – vielleicht ungewollt – dennoch den Finger in die Wunde. „Der Leistungssprung, den Ferrari von 2016 auf 2017 geschafft hat, war außergewöhnlich“, sagte Wolff: „Aber sie sind noch in einer Entwicklungsphase. Sie haben die Performance gefunden, jetzt müssen sie die Zuverlässigkeit finden.“Genau so ist es. Für den WMTitel reicht Ferrari das zweifellos starke Auto nicht, die Italiener werden Perfektion auf jeder Ebene brauchen. Eben auch bei der Kontrolle von externen Kleinteilen.