Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Und er sah, dass es gut war“
Zu „Ganz schön politisch“über die Arbeit des katholischen Frauenbundes, SZ vom 5. Oktober:
Als Mann, ehemaliger Kirchengemeinderat, gratuliere ich diesen starken Frauen zu ihrem Mut, ihrer Kirche in feiner Weise die Leviten zu lesen. Ob der Katholische Frauenbund jemals gebührend Gehör findet mit seinen Anliegen zu „Sexarbeit und fehlendem Amt der Priesterin“, bleibt zu hoffen.
Dogmatismus und seit einigen Jahren fataler christlicher Fundamentalismus zementieren die patriarchalischen Elemente der beiden Großkirchen. Seit Paulus, Augustinus und Thomas von Aquin ist Sünde beziehungsweise Erbsünde zentral gebunden an Sexualität in ihren Ausprägungen und gelebten Formen als schlimmstes Übel. Das Ideal der keuschen und jungfräulichen Gottesmutter war Jahrhunderte lang Vorbild selbst in den Ehen. Der Zwangszölibat ist bis heute etwas, das der Theologe Berger als „strukturell böse“bezeichnet hat und keinesfalls gottgewollt. Die Gegner des jetzigen Papstes verschärfen wieder einmal den Richtungsstreit bezüglich der Teilnahme an der Eucharistie geschiedener Wiederverheirateter. Das ist umso peinlicher, als einerseits gar nicht kontrolliert werden kann, wer denn nun geschiedener Wiederverheirateter sei und man es fast überall Priestern überlässt, willkürlich zu entscheiden, wem er nun die Hostie verweigert oder nicht.
Kann man eine Kirche, die maßgeblich regiert wird von alten Männern konservativen Zuschnitts, noch ernst nehmen? Die weltweit wachsende Bewegung des Fundamentalismus ist weitgehend eine Folge des Vertrauensverlustes der Menschen in die Institution Kirche und ihre Amtsträger. Mögen mutige Frauen nicht nur schweigend dienen, sondern immer wieder einfordern, was biblisch ganz früh gesagt wurde: „Gott schuf den Menschen. Als Mann und Frau schuf er sie, und er sah, dass es gut war.“
Gerhard Maria Leber,
Friedrichshafen