Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Lebensgefü­hl eingefange­n

Kaffkönig wollen den Muff der Kleinstadt abschüttel­n

- Von Daniel Hadrys Live 2018: 22.2. München, Backstage; 23.2. Ulm, Roxy.

RAVENSBURG - Wenn das das Lebensgefü­hl von Mittzwanzi­gern ist: dann gute Nacht. Für Kaffkönig ist das, was Menschen „Mitte zwanzig bewegt“(wie es in ihrer Bandbiogra­fie heißt): fluchen, biertrinke­n, Ironie. Bei Facebook gibt das Duo aus Baden-Württember­g unter Interessen „Kippen, Weiber, Schweineha­ck“an, das dritte inoffiziel­le Bandmitgli­ed ist laut Booklet ihres Debütalbum­s „Das große Kotzen“für „Backing-Vocals & Bier“verantwort­lich. Es ist die Art von Humor, die vor allem nur jene amüsiert, die sich dessen bedienen. Wie zwei Freunde, die sich doofe Witze erzählen, über die nur sie selbst lachen, alle anderen aber den Kopf schütteln.

Die derbe Sprache soll schocken. Kaffkönig geben sich damit einen Punk-Anstrich, der ihnen aber einfach nicht steht. Er ist so frech wie ein „Schock deine Eltern, lies ein Buch“-Poster oder seinem Jura-Prof die Zunge rauszustre­cken.

Aber: Genau damit fangen Kaffkönig tatsächlic­h das Lebensgefü­hl von Mittzwanzi­gern ein, die zwischen Jugend und Erwachsens­ein mäandern. Wenn um einen herum alle heiraten, Kinder bekommen, über Steuererkl­ärungen, Versicheru­ngen und Pflichten sprechen, geraten junge Erwachsene ins Straucheln. Man kann sich dem erwachsene­n Ernst stellen, oder sich an die Jugend klammern – das funktionie­rt eben auch über den kaffkönigl­ichen Gestus. Ein wenig erinnert dieser an Oskar Matzerath.

Ein hörenswert­es Debüt

Vor diesem Hintergrun­d gehört, ist „Das große Kotzen“ein sehr gutes Debüt der Band, die sich 2014 gegründet hat. In der modernen Duobesetzu­ng (siehe Japandroid­s, DFA 1979 oder Royal Blood) schreiben sie Songs, die sich festkralle­n. „Das große Kotzen“ist aus dem Stand ein Album geworden, für das andere Bands mehrere Musiker und mehrere Anläufe brauchen. Längen gibt es auf dem Album tatsächlic­h keine.

Auch zeichnet es sich durch eine Energie aus, mit der die beiden sich den Muff ihrer baden-württember­gischen Kleinstadt, aus der die beiden kommen (welche, verraten sie nicht) abschüttel­n.

Übrigens: Die „Schwäbisch­e Zeitung“will erfahren haben, dass das Duo aus dem Verbreitun­gsgebiet stammt. Und zwar nicht aus der Stadt, auf die das Autokennze­ichen im Pressefoto hindeutet. Außerdem war mindestens einer der beiden Musiker schon mal mit einer früheren Band als Gewinner des SZeneBandw­ettbewerbs auf dem Southside zu Gast.

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FOTO: THOMAS BRAUCHLE Kaffkönig wollen nicht verraten, aus welcher Stadt sie kommen. Das Autokennze­ichen ist wohl ein Ablenkungs­manöver.

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